Verkehrsrecht
Abgasskandal: Kein Schadensersatz bei durchgeführtem Software-Update
Karlsruhe/Berlin (DAV). Wer im Dieselskandal von der Schummelsoftware beim Autokauf wusste, hat in der Regel keinen Anspruch auf Schadensersatz. Auch wer einen Gebrauchtwagen erst nach Bekanntwerden des „Abgasskandals“ kaufte und ein vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) freigegebenen Software-Update aufgespielt wurde, bekommt keinen Schadensersatz. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 30. Oktober 2020 (AZ: 17 U 296/19).
Die Klägerin kaufte im Februar 2018 einen gebrauchten Audi A5 2.0 TDI. Bei dem Wagen war das vom KBA freigegebene Software-Update bereits aufgespielt. Sie wollte dennoch von dem Kauf zurücktreten. Von der Volkswagen AG verlangte sie u.a. die Rückzahlung des Kaufpreises und der Finanzierungskosten gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Die Verkäuferin habe ihr versichert, dass das Fahrzeug nicht von der „Schummelsoftware“ betroffen sei. Im Übrigen führe das Update in vielen Fällen zu Schäden. Es enthalte wiederum selbst illegale Abschalteinrichtungen, zum Beispiel ein sogenanntes Thermofenster. Auch habe die Herstellerin von vornherein gewusst, dass die Abgaswerte wieder nicht eingehalten werden könnten. Das KBA habe die Freigabe gesetzeswidrig erteilt.
Die Klage der Frau wurde abgewiesen. Eine Haftung für die ursprünglich in den Fahrzeugen integrierte Software scheide bei einem Erwerb des Fahrzeugs ab Herbst 2015 aus. Eine Haftung komme aber auch nicht für etwaige nachteilige Folgen des Software-Updates in Betracht. Diese würden laut der Klägerin angeblich bei vielen Fahrzeugen auftreten. Sie habe nicht behauptet, dass solche Folgen an ihrem Pkw vorgekommen seien. Eine Haftung folge auch nicht wegen der Behauptung der Klägerin, dass das sogenannte „Thermofenster“ unzulässig sei. Zum einen wurde dieses „Thermofenster“ unstreitig gegenüber dem KBA offengelegt, von diesem geprüft und zugelassen.
Das Thema Abgasskandal bleibt nach Ansicht der DAV-Verkehrsrechtsanwälte nach wie vor aktuell. Nach den Diesel-Pkw würden auch solche Wohnmobile oder auch Benziner in das Blickfeld rücken. Zu prüfen sei, ob auch diese mit unzulässiger Software ausgestattet wurden.
Alkohol am Steuer: Gleiche Promillegrenzen für E-Scooter- wie für Autofahrer
Osnabrück/Berlin (DAV). Für die Fahrt mit einem E-Scooter gelten die gleichen Promillegrenzen wie bei Pkw. E-Scooter sind Fahrrädern nicht gleichgestellt, eine Orientierung an der Gefährlichkeit eines Fahrzeuges gibt es nicht. Es kommt allein auf die Eigenschaft als „Kraftfahrzeug“ an. Dies entschied das Landgericht Osnabrück am 16. Oktober 2020 (AZ: 10 Qs 54/20), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert.
Ein junger Mann wurde gegen zwei Uhr morgens von Polizeibeamten auf seinem E-Scooter gestoppt. Bei der Blutprobe ergaben sich 1,54 Promille. Ihm wurde wegen dem dringendem Tatverdacht der Trunkenheit im Straßenverkehr schon vor der Verurteilung vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen.
Dagegen klagte der Mann. Er meinte, die Promillegrenze von 1,1 wie bei Autos würde nicht gelten. Das Gefahrenpotential von E-Scootern und Fahrrädern sei eher vergleichbar als das von E-Scootern und Pkw. Daher müsse die für Fahrradfahrer geltende Promillegrenze der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,6 Promille gelten.
Dieser Sichtweise folgte das Gericht nicht. Für Fahrer von E-Scootern würden die gleichen Promillegrenzen wie für den motorisierten Verkehr gelten. Es folge aus den rechtlichen Sonderbestimmungen für elektrische Kleinfahrzeuge, dass diese Kraftfahrzeuge darstellten und gerade nicht Fahrrädern gleichgestellt wären. Eine Unterscheidung nach Gefährlichkeit zwischen unterschiedlichen Typen von Kraftfahrzeugen gebe es nicht. Daher sei der Entzug der Fahrerlaubnis rechtmäßig erfolgt.
Zurecht sei das Amtsgericht deshalb hier bei einer Blutalkoholkonzentration von deutlich mehr als 1,1 Promille von absoluter Fahruntüchtigkeit ausgegangen.
Bei Trunkenheit im Straßenverkehr drohen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, warnen die DAV-Verkehrsrechtsanwälte. Zudem muss der Beschuldigte mit der endgültigen Entziehung der Fahrerlaubnis rechnen.
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Haftung bei Kollision einer Kuh mit geparktem Fahrzeug
Koblenz/Berlin (DAV). Werden Kühe von einer Weide auf die andere getrieben, muss der Landwirt vorsichtig sein. Beschädigen die Kühe geparkte Autos, haftet er auch dann, wenn das Auto unerlaubt an einem Feldweg stand. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landgerichts Koblenz vom 9. Oktober 2020 (AZ: 13 S 45/19), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.
Der Autofahrer stellte sein Fahrzeug neben einer Baustelle im Westerwald auf einer mit Schotter befestigten Fläche am Rande eines Feldwegs ab. Auf der unmittelbar angrenzenden Weide waren 21 Kühe. Der Landwirt trieb die Kühe auf eine gegenüberliegende Weide. Zwischen dem Auto des Klägers und der Baustelle blieb für die Kühe ein nur wenige Meter breiter Weg. Der Landwirt stellte sich mit dem Rücken zum Auto, während die Kühe an dem Fahrzeug vorbeiliefen. Zeugen bestätigten, dass das Fahrzeug vorher unbeschädigt war. Nachdem die Kuhherde den Wagen passiert hatte, war jedoch eine Delle an der hinteren Tür. Weiterhin bestätigte ein Zeuge, dass er dem Landwirt gesagt habe, der Fahrer sei in etwa zehn Minuten wieder zurück und könne das Fahrzeug umparken. Der Landwirt bestritt, dass eine seiner Kühe den Schaden verursacht habe. Er habe mit dem Abschirmen des Autos die erforderliche Sorgfalt gewahrt. In jedem Fall liege aber zumindest ein Mitverschulden des Fahrers wegen verbotswidrigen Parkens vor.
Die Klage auf Schadensersatz war erfolgreich. Nach Auffassung des Landgerichts hätten die Kühe das Auto beschädigt. Laut den Zeugen habe das Fahrzeug gewackelt, als die Kühe vorbei getrieben wurden. Außerdem wurden durch die Zeugen und dem Sachverständigen Kuhhaare an dem Auto festgestellt. Zudem sei es nachvollziehbar, dass die vorgefundene Delle von einer Kuh verursacht wurde.
Der Landwirt hätte warten können, bis das Fahrzeug innerhalb der nächsten zehn Minuten umgeparkt werden konnte. Es sei ohne weiteres ersichtlich gewesen, dass die Kühe zwischen Auto und Baustelle durch eine sehr schmale getrieben werden mussten und dieses „Unterfangen sehr gefahrgeneigt“ war. Daher müsse der Bauer Schadensersatz zahlen. Das Gericht sah auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kühe augenblicklich auf eine andere Weide getrieben werden mussten. Der Landwirt hätte also die relativ kurze Zeit warten können. Da diese Sorgfaltspflichtverletzung so erheblich sei, komme es nicht darauf an, ob der Pkw sorgfaltswidrig oder gar verbotswidrig geparkt wurde.
Unfall in Motorradkonvoi
Koblenz/Berlin (DAV) - Bei Fahrten in einem Motorradkonvoi müssen die Biker erhebliche Vorsicht walten lassen. Wer nicht auf seinen abbremsenden Vordermann achtet, ist allein an einem Unfall schuld. In den meisten Fällen sonst haften die Fahrer gemeinsam. In dem Fall, über den die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert, entschied das Oberlandesgericht Koblenz vom 24. August 2020 (AZ: 12 U 1962/19) zudem: Der Vorausfahrende muss mit 20 Prozent wegen der Betriebsgefahr des Motorrades haften. Der Unfall wäre vermeidbar gewesen, wenn er stärker auf die Motorräder hinter sich geachtet hätte. |
Radfahrverbot nach Fahrradfahrt mit 1,6 Promille
Neustadt/Berlin (DAV) - Wer mit 1,6 Promille auf dem Fahrrad erwischt wird, riskiert seinen Führerschein. Das ist allgemein bekannt. Aber auch das Fahrradfahren kann verboten werden! Wer das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten (MPU) nicht fristgerecht beibringt, dem kann verboten werden, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt (Weinstraße) vom 12. August 2020 (AZ: 1 K 48/20.NW). Dies gilt auch dann, wenn der Alkoholsünder angibt, auf das Rad angewiesen zu sein. Das Gericht verwies ausdrücklich auf die erheblichen Gefahren, die von alkoholbedingt ungeeigneten Fahrradfahrern ausgehen, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). |
Mit Martinshorn und Blaulicht - Feuerwehr kann bei Unfall haften
Köln/Berlin (DAV) - Auch wenn ein Feuerwehrfahrzeug mit Martinshorn und Blaulicht unterwegs ist, muss der Fahrer aufpassen, andere Fahrzeuge nicht zu beschädigen. Bei einem leichtfertig verursachten Unfall kann die Feuerwehr dann allein haften. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landgerichts Köln vom 19. September 2020 (AZ: 5 O 58/18), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.
Der Kläger verlangte nach einem Verkehrsunfall mit einem Feuerwehrlöschzug Schadensersatz. Er hatte vor einer roten Ampel stadtauswärts gestanden, als das Feuerwehrfahrzeug mit Martinshorn und Blaulicht stadteinwärts an ihm vorbeifuhr. Es fuhr hinter seinem Auto über die weiße, durchgehende Linie und wendete scharf, um seine Fahrt stadtauswärts fortzusetzen. Der Kläger behauptete, bei dem Wendemanöver hätte das Feuerwehrfahrzeug sein Auto an zwei Stellen am Heck beschädigt. Ihm sei ein Schaden von 1.928,71 Euro entstanden, den er von der Stadt ersetzt haben wollte. Er selbst habe noch versucht, auszuweichen und möglichst nahe an das nächste Auto in der Schlange vor ihm heranzufahren, um eine Kollision zu vermeiden.
Die Stadt bestritt, dass es überhaupt zu einem Anstoß durch das Feuerwehrauto gekommen sei. Auch sei das Fahrzeug nur im Schritttempo gefahren.
Das Landgericht hörte eine Zeugin und holte ein Sachverständigengutachten ein. Danach gab es der Klage teilweise statt, denn die Richter kamen zur Erkenntnis, dass das Löschfahrzeug das Auto des Klägers gestreift haben müsse. Die alleinige Schuld habe daher der Fahrer des Feuerwehrfahrzeugs. Allerdings konnte an dem Auto des Klägers nur eine Stelle als Schaden durch diesen Unfall nachgewiesen werden. Der Sachverständige war zu dem Ergebnis gekommen, dass nur die Schürfspur an der hinteren rechten Seite des Autos vom Feuerwehrauto stammen könne. Er verglich sie mit den Schäden am Löschfahrzeug. Die Beschädigungen an der linken Seite des Autos habe es bereits vor dem Unfall gegeben.
Das Gericht begründete in seinem Urteil, zwar müsse grundsätzlich einem Fahrzeug im Einsatz mit Martinshorn und Blaulicht freie Bahn gewährt werden. Die Stadt Köln habe aber nicht nachweisen können, dass der Kläger hätte ausweichen können, um eine Kollision zu vermeiden. Der Fahrer des Feuerwehrfahrzeugs hätte beim Wendemanöver besser Abstand halten müssen.
E-Bike-Fahrer dürfen mehr trinken als Autofahrer: Im Sattel erst mit 1,6 Promille absolut fahruntüchtig
Karlsruhe/Berlin (DAV). Wer mit 1,1 Promille oder mehr ein Auto führt, ist absolut fahruntüchtig und muss sich auf eine Bestrafung wegen Trunkenheit im Verkehr gefasst machen. Bei handelsüblichen Elektrofahrrädern ("Pedelecs") liegt der Wert für die absolute Fahruntüchtigkeit aber wie bei Fahrradfahrern bei 1,6 Promille. Denn derzeit gibt es dazu keine gesicherten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse. Dies folgt aus einer Mitteilung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2020 (AZ: 2 Rv 35 Ss 175/20). |
Unfall mit parkendem Wagen: Ohne Mindestabstand haftet man mit
Frankenthal/Berlin (DAV). Nach dem Parken muss man beim Öffnen der Autotür besonders vorsichtig sein. Aber auch für die vorbeifahrenden Fahrzeuge gelten Vorsichtsregeln, denn wie beim Überholen muss hier ebenfalls die Abstandsregel bei geparkten Fahrzeugen beachtet werden. Wer nur mit 30-35 Zentimetern an geparkten Autos vorbeifährt, ist bei einer Türkollision mitschuldig. In der Regel haftet der Vorbeifahrende zu einem Drittel. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Amtsgerichts Frankenthal vom 26. Juni 2020 (AZ: 3c C 61/19). |
Blitzerfoto: Datenleiste des Messfotos muss vollständig lesbar sein
Dortmund/Berlin (DAV). Man muss einem Autofahrer schon nachweisen, dass er zu schnell unterwegs war. Allein das Foto und das Kennzeichen reichen für eine Verurteilung nicht aus. Die Datenzeile im Foto, aus der sich unter anderem die gefahrene Geschwindigkeit ergibt, muss lesbar sein. Ist dies nicht der Fall, ist der Betroffene freizusprechen. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über ein Urteil des Amtsgericht Dortmund vom 27. Februar 2020 (AZ: 729 OWi-267 Js 1493/19-252/19). |
Elf Mal geblitzt in einer Stunde: Das wird teuer
München/Berlin (DAV). Wer geblitzt wird, muss zahlen. Ab dem dritten Tempoverstoß handelt man mit Vorsatz, und dies macht die Sache dann noch teurer. Dies hat das Amtsgericht München am 1 März 2019 (AZ: 953 OWi 435 Js 216208/18) entschieden und den Verkehrssünder zu einer Gesamtgeldbuße von 1.504 Euro und drei Monaten Fahrverbot verurteilt.
In dem von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall war der Anlagenmechaniker mit seinem Peugeot nachts elfmal geblitzt worden. Er überschritt die zulässige Höchstgeschwindigkeit zwischen 34 km/h und 61 km/h.
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