Karlsruhe/Berlin (DAV). Wer mit 1,1 Promille oder mehr ein Auto führt, ist absolut fahruntüchtig und muss sich auf eine Bestrafung wegen Trunkenheit im Verkehr gefasst machen. Bei handelsüblichen Elektrofahrrädern ("Pedelecs") liegt der Wert für die absolute Fahruntüchtigkeit aber wie bei Fahrradfahrern bei 1,6 Promille. Denn derzeit gibt es dazu keine gesicherten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse. Dies folgt aus einer Mitteilung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2020 (AZ: 2 Rv 35 Ss 175/20). Der Angeklagte kollidierte als Fahrer eines "Pedelecs" mit einer Fahrradfahrerin, die seine Vorfahrt missachtet hatte. Dabei hatte er eine Alkoholkonzentration von 1,59 Promille im Blut. Die vorhandenen Beweise ergaben nicht, dass der Angeklagte deshalb alkoholbedingt nicht mehr zum Führen des Fahrzeugs in der Lage war. Eine Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr unter dem Gesichtspunkt der relativen Fahruntüchtigkeit (mindestens 0,3 Promille plus Ausfallerscheinungen) kam deshalb nicht in Betracht. Eine Ordnungswidrigkeit wegen Fahrens mit mindestens 0,25 Milligramm/Liter Alkohol in der Atemluft oder mindestens 0,5 Promille Alkohol im Blut, lag ebenfalls nicht vor, da "Pedelecs" mit einer Begrenzung auf 25 km/h Motorleistung keine Kraftfahrzeuge im Sinne des Straßenverkehrsrechts sind. Daher sprachen das Amtsgericht und das Landgericht den Angeklagten frei. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Revision ein. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts gebe es aber derzeit keine gesicherten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse dafür, dass für Fahrer von handelsüblichen Elektrofahrrädern ("Pedelecs") die Grenze von 1,6 Promille nicht gelte, wenn die motorunterstützte Geschwindigkeit auf 25 km/h begrenzt sei. Pedelecs seien schließlich keine Kraftfahrzeuge und es müssten die Grenzen wie für Fahrradfahrer gelten. Die Rechtsprechung des BGH, wonach der Führer eines Kraftfahrzeugs bereits von einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille an unwiderleglich fahruntüchtig und wegen Trunkenheit im Verkehr zu bestrafen ist, findet daher auf solche "Pedelecs" nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung keine Anwendung, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
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