Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Neuerung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Was ist die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
Die AU-Bescheinigung wird in der Regel benötigt, wenn jemand aufgrund von Krankheit oder Verletzung nicht arbeiten kann und eine Entschuldigung benötigt, um seine oder ihre Abwesenheit vom Arbeitsplatz zu rechtfertigen. Anders als in vielen Ländern erhalten Erkrankte in Deutschland weiterhin ihren Lohn, wenn Sie den entsprechenden Nachweis erbringen. Das Dokument enthält in der Regel Angaben zum Datum der Feststellung, dem Beginn der Erkrankung und deren voraussichtlicher Dauer.
Welche Regelung galt bisher für den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit?
In § 5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) ist definiert, dass wenn „die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage (dauert), hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen.“
Bis Ende 2022 mussten Beschäftigte wie folgt vorgehen:
- Benachrichtigung des Arbeitgebers: Arbeitnehmer sollten den Arbeitgeber so schnell wie möglich über die Arbeitsunfähigkeit informieren. Die Benachrichtigung konnte mündlich oder schriftlich erfolgen, je nach den Vorgaben des Arbeitsvertrags.
- Arztbesuch: Der Arbeitnehmer sollte einen Arzt aufsuchen und eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit erhalten. In Deutschland ist diese Bescheinigung auch als "gelber Schein" bekannt. Der Arzt oder die Ärztin wird den Zustand des Arbeitnehmers bewerten und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit angeben.
- Weitergabe der AU-Bescheinigung: Der Arbeitnehmer sollte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an den Arbeitgeber weiterleiten. Ebenso an die gesetzliche Krankenkasse, um Anspruch auf Krankengeld zu erhalten.
Was ist die eAU?
Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ist eine digitale Version der herkömmlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Sie soll dazu beitragen, den bürokratischen Aufwand bei der Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu reduzieren und die Kommunikation zwischen Patienten, Ärzten und Arbeitgebern zu erleichtern. Sie wird direkt elektronisch vom Arzt oder der Ärztin an die zuständige Krankenkasse übermittelt. Sie ist sicherer als die Papierbescheinigung, da sie mit einem elektronischen Schlüssel signiert wird und somit Fälschungen erschwert. Zudem kann der Arbeitgeber über eine spezielle Plattform online auf die eAU zugreifen, was die Abwicklung und Dokumentation vereinfacht.
Dadurch entfällt zum einen der Papierkram, zum anderen wird der Krankenkasse schneller und einfacher mitgeteilt, dass Patienten arbeitsunfähig sind. Damit können auch Krankengeldzahlungen schneller erfolgen. Für Arbeitgeber hat die eAU den Vorteil, dass sie die Bescheinigung schnell erhalten und somit zügig reagieren können. Die Informationen können darüber hinaus direkt in die elektronische Personalakte des Mitarbeiters eingefügt werden.
Neuerungen durch die elektronische AU für Arbeitgeber
Die Anzeigepflicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bleibt weiterhin bestehen, sie müssen Ihren Vorgesetzten den Arbeitsausfall mitteilen. Die Neuerung ist, dass Arbeitgeber ab dem 1.1.2023 keinen „gelben Schein“ mehr von gesetzlich versicherten Arbeitnehmern erhalten, sondern bei der gesetzlichen Krankenkasse ihrer Angestellten die eAU online abrufen können. Dazu Rechtsanwalt Alexander Greth, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV): „Nach § 5 Abs. 1 a EFZG wird die „Nachweispflicht“ des gesetzlich versicherten Arbeitnehmers mittels Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ersetzt durch die Verpflichtung des Arbeitnehmers, die Arbeitsunfähigkeit beim Arzt feststellen zu lassen. Für privat versicherte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ändert sich nichts“
Die Erfassung der AU könnte dann wie folgt aussehen:
- Vorgesetzte tragen nach Meldung ihrer Angestellten die Fehlzeiten direkt in das Zeiterfassungssystem ein, im zweiten Schritt ruft die Entgeltabrechnung die eAU von der Krankenkasse ab.
- Vorgesetzte informieren die Entgeltabrechnung über die gemeldete Arbeitsunfähigkeit. Die Entgeltabrechnung ruft die eAU von der Krankenkasse ab und überträgt den Datensatz in das Zeiterfassungssystem des Unternehmens.
Der Abruf der Bescheinigung bei der Krankenkasse soll spätestens am Tag nach der ärztlichen Feststellung des Arbeitsausfalls möglich sein. Weiterführende Informationen für Arbeitgeber finden Sie hier. Unternehmen, die keine Entgeltabrechnungssoftware benutzen, können mit sv.net Meldungen zur Sozialversicherung verschlüsselt übermitteln. Informationen finden Sie unter diesem Link.
Was können Arbeitgeber tun, wenn keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegt?
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen es auch weiterhin nicht hinnehmen, wenn Beschäftigte ihre Arbeitsunfähigkeit pflichtwidrig nicht feststellen lassen:
„Der Arbeitgeber ist nicht schutzlos. Es ist zu empfehlen, das Arbeitsentgelt für Tage, an denen Beschäftigte ihre Arbeitsunfähigkeit pflichtwidrig nicht feststellen lassen, nicht zu zahlen. Das Leistungsverweigerungsrecht ergibt sich aus der analogen Anwendung von § 7 Abs. 1 EZFG. In vielen Fällen wird der Arbeitgeber aber gar nicht wissen, ob Beschäftigte die Feststellung pflichtwidrig unterlassen haben oder aus anderen Gründen, beispielsweise technischen Problemen beim Arzt oder der Krankenkasse, die Übermittlung der Information an die Krankenkasse fehlgeschlagen ist. Der Arbeitgeber sollte dann das klärende Gespräch mit dem Arbeitnehmer suchen und diesen notfalls bitten, ihm die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform, bzw. ein Foto davon, zukommen zu lassen. Kommt der Arbeitnehmer dem nicht nach, kann der Arbeitgeber die Zahlung zunächst verweigern. Erhält er dann später von der Krankenkasse die entsprechenden Daten, muss das Arbeitsentgelt selbstverständlich nachgezahlt werden“, so Rechtsanwalt Greth.
Für privat versicherte Arbeitnehmer ändert sich nichts: „Bei Arbeitnehmern, die kein Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung sind, verbleibt es indes bei der unmittelbaren Anwendung des gesetzlich geregelten Leistungsverweigerungsrechts nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG, wenn diese die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht rechtzeitig übermitteln.“
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