Erbrecht
Wie gelingt der Nachweis der Beendigung der Testamentsvollstreckung gegenüber dem Grundbuchamt kostengünstig?
Karlsruhe/Berlin (DAV) Oftmals wird die Nachlassabwicklung und Auseinandersetzung des Nachlasses testamentarisch einer Testamentsvollstreckung übertragen. Dieser wird im Regelfall alle Nachlassgegenstände und den Nettoerlös gemäß den Erbquoten an die Erben auskehren. Testamentsvollstrecker und Erben können sich aber auch darauf einigen, dass einer oder mehrere Miterben Nachlassgegenstände zugewiesen bekommen. Handelt es sich um ein Grundstück muss die Beendigung der Testamentsvollstreckung gegenüber dem Grundbuchamt nachgewiesen werden, damit dieses die Beschränkung der Verfügungsmacht der Grundstückseigentümer aus dem Grundbuch löscht. Wie der Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt kostengünstig gelingen kann, zeigte das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in seinem Beschluss vom 7.9.2022 (19 W 64/21). Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.
Ein Mann verstirbt und wird von seiner Tochter und seinen Enkeln beerbt. Sie erhalten vom Nachlassgericht einen gemeinschaftlichen Erbschein, der die Erbfolge bescheinigt, aber den Zusatz enthält, dass für Erbfolge gemäß dem maßgeblichen Testament des Verstorbenen Testamentsvollstreckung angeordnet sei. So wird es auch im Grundbuch in Bezug auf eine Nachlassimmobilie eingetragen. Im Rahmen der Erbauseinandersetzung überträgt der Testamentsvollstrecker das Eigentum an der Nachlassimmobilie von der Erbengemeinschaft auf die Erben zu Bruchteilseigentum und alle Beteiligten beantragen die Löschung des Testamentsvollstreckervermerks aus dem Grundbuch, da die Testamentsvollstreckung durch die Erbauseinandersetzung beendet sei. Zum Nachweis legen die Beteiligten eine Bestätigung des Nachlassgerichts über die Beendigung der Testamentsvollstreckung vor. Das Grundbuchamt weist den Antrag zurück und fordert die Vorlage eines Erbscheins, der keine Beschränkung durch Testamentsvollstreckung (mehr) enthält.
Zu Unrecht, urteilt das Gericht. Zwar müsse zur Löschung des Testamentsvollstreckervermerks das Ende der Testamentsvollstreckung gegenüber dem Grundbuchamt durch öffentliche Urkunden nachgewiesen oder offenkundig sein. Hierzu genügt sicher der vom Grundbuchamt geforderte Erbschein ohne Testamentsvollstreckervermerk. Die Tatsache, dass das Nachlassgericht den Erbschein, der (noch) die Testamentsvollstreckung ausweist, bisher nicht eingezogen hat, stehe der Annahme einer Unrichtigkeit der Grundbucheintragung aber nicht von vornherein entgegen. Wollen die Beteiligten den vom Grundbuchamt aufgewiesenen Weg etwa aus Kostengründen nicht gehen, so ist es ihnen aber nicht verwehrt, das Ende der Testamentsvollstreckung auf andere Weise zu belegen. Hierzu genüge nach neuerer Rechtsprechung etwa ein mit einem Beendigungsvermerk versehenes Testamentsvollstreckerzeugnis. Einem solchen steht die von der Nachlassrichterin unterzeichnete Erklärung, wonach die Testamentsvollstreckung beendet sei, aber gleich, auch wenn beides im Gesetz nicht explizit geregelt sei. Denn das nachlassgerichtliche Schreiben lasse sich ohne Weiteres als eine förmliche Entscheidung des Gerichts verstehen, dass die Testamentsvollstreckung als beendet angesehen wird, was als öffentliche Urkunde ausreiche.
Informationen: www.dav-erbrecht.de
Eine fehlgeschlagene „lenkende Ausschlagung“ kann angefochten werden
Brandenburg/Berlin (DAV). Verstirbt jemand ohne Testament, findet sich die gesetzliche Erbfolge in einer Miterbengemeinschaft wieder, die so möglicherweise gar nicht gewollt ist. Dies wird oft versucht, durch eine sog. „lenkende Ausschlagung“ der Erbschaft zu korrigieren. Doch was tun, wenn die beabsichtigten Rechtsfolgen nicht eintreten. Unter bestimmten Voraussetzungen lassen sich solche Ausschlagungen rückgängig machen, nämlich dann, wenn sie als sog. Inhaltsirrtum anerkannt werden, entscheidet das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg in seinem Beschluss vom 27.7.2022 (3 W 59/22). Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.
Eine Frau verstirbt, ohne ein Testament zu hinterlassen. Nach der gesetzlichen Erbfolge sind ihr Ehemann und ihre beiden gemeinsamen Söhne ihre Erben. Die beiden Söhne schlagen das Erbe form- und fristgerecht zugunsten ihres Vaters aus, da sie kein Interesse an der Erbmasse hätten. Als die Söhne erfahren, dass ihre Erbanteile infolge der Ausschlagung nicht auf ihren Vater, sondern auf die noch lebenden Eltern der verstorbenen Mutter übergegangen seien, fechten sie ihre Ausschlagungserklärung an und beantragen einen auf sie und den Vater lautenden Erbschein.
Zu Recht, urteilt das Gericht. Der beantragte Erbschein entspreche der gesetzlichen Erbfolge. Diese sei eingetreten, da die Söhne ihre Ausschlagungserklärungen wirksam angefochten hätten. Dies sei zwar nicht bei jeder fehlgeschlagenen „lenkenden Ausschlagung“ automatisch der Fall. Zu einer Anfechtung berechtige insbesondere aber ein Irrtum über den Inhalt der Erklärung. Ein solcher sog. Inhaltsirrtum könne auch darin gesehen werden, dass der Erklärende über die Rechtsfolgen seiner Willenserklärung irrt, weil das Rechtsgeschäft nicht nur die von ihm erstrebten Rechtswirkungen erzeugt, sondern solche, die sich davon unterscheiden. Ein derartiger Rechtsirrtum berechtigt jedenfalls dann zur Anfechtung, wenn das vorgenommene Rechtsgeschäft wesentlich andere als die beabsichtigte Wirkung erzeuge. Dies sei dann der Fall, wenn der Anfechtende davon ausgehe, dass sein Erbteil dem verbleibenden Erben anwachse, obwohl in Wahrheit die gesetzliche Erbfolge neu bewertet werde. Dies aber sei hier der Fall, da die Söhne dachten, ihr Vater werde nach ihrer Ausschlagung als verbleibender Erbe Alleinerbe. Stattdessen aber werden die ausschlagenden Söhne wie Vorverstorben behandelt, sodass die Eltern der Verstorbenen als gesetzliche Erben zweiter Ordnung neben dem Ehepartner erben. Daher war die Anfechtung wirksam und die Erbfolge richtete sich wieder nach der ursprünglichen gesetzlichen Erbfolge.
Informationen: www.dav-erbrecht.de
Wer erbt Großmutters Schulden?
In den nächsten Jahren sind nicht nur Billionen Mark bzw. Euro sondern auch viele Schulden zu vererben. Fraglich ist dann, ob man wirklich erben muss. Denn: Erbe wird man automatisch. Es bedarf hierzu keiner besonderen Erklärung. Mit dem Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen geht das gesamte Vermögen einschließlich der Verbindlichkeiten auf den Erben über. Der Erbe haftet also von der ersten Sekunde an. Eine Erbschaft kann aber auch binnen sechs Wochen ausgeschlagen werden.
Testament: Vorsicht bei "Zettelwirtschaft"
Berlin. Privatschriftliche Testamente müssen handschriftlich verfasst und eigenhändig unterschrieben werden, und sollten mit Ort und Datum der Niederschrift versehen werden. Nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 25. Oktober 2005 ist auch die Fotokopie eines handschriftlich verfassten Testaments mit eigenhändigen Änderungen und erneuter Unterschrift auf der Fotokopie als einheitliches Ganzes wirksam (Az.: 31 Wx 72/05).
Testament für Eheleute unterschiedlicher Nationalität
In jedem Staat unterscheiden sich die erbrechtlichen Regelungen. Ohne Testament gilt das Recht des Landes, dem der Verstorbene angehört. Eheleute unterschiedlicher Nationalität sollten daher rechtzeitig an ein Testament denken. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Vermögen, beispielsweise Grundbesitz, auf mehrere andere Staaten verteilt ist.
Weiterlesen: Testament für Eheleute unterschiedlicher Nationalität
Nottestament nur nach Vorlesen wirksam
Nürnberg-Fürth/Berlin. Damit ein Nottestament wirksam ist, muss es wortwörtlich dem Erblasser vorgelesen werden. Wird der Text des Testaments nur sinngemäß wiedergegeben, ist das Nottestament nicht wirksam, entschied das Landgericht Nürnberg-Fürth am 12. August 2008 (AZ: 7 T 5033/08).
Geliebtentestament nur ausnahmsweise sittenwidrig
Düsseldorf/Berlin. Ein Testament, welches die Geliebte begünstigt, ist in bestimmten Fällen sittenwidrig. Dies vor allen Dingen dann, wenn das Testament entweder ausschließlich für die Belohnung oder Förderung geschlechtlicher Hingabe errichtet wurde oder ein besonders schwerwiegender Fall einer Zurückversetzung von Angehörigen vorliegt. Ein Erblasser kann aber seiner langjährigen Geliebten einen Miteigentumsanteil am ehelichen Wohnhaus vererben, auch wenn die Ehefrau dort noch wohnt. Dies geht aus einer entsprechenden Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. August 2008 (AZ: 3 Wx 100/08) hervor.
Weiterlesen: Geliebtentestament nur ausnahmsweise sittenwidrig
Erbverzicht will gut überlegt sein
Coburg/Berlin. Nicht selten erklären Kinder gegenüber ihren Eltern einen notariellen Erbverzicht und erhalten im Gegenzug eine Abfindung. Ein solcher Verzicht will aber gut überlegt sein. Einmal abgegeben, bleibt man an ihn gebunden, selbst wenn die Eltern bis zum Tod noch erhebliches Vermögen anhäufen. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts Coburg vom 3. September 2008 (AZ: 21 O 295/08) hervor.
Erbe ist nicht gleich Erbe
Bamberg/Berlin. In einem Testament kann nach „Vorerben“ und „Nacherben“ eingestuft werden. Dies kann der Fall sein, wenn der Erblasser will, dass zunächst der Partner und dann die Kinder erben sollen. Der Vorerbe kann in der Regel nur eingeschränkt über das Erbe verfügen. Wenn er Gegenstände verschenkt oder deutlich unter Wert abgibt, kann der „Nacherbe“ sie gegebenenfalls sogar vom Empfänger zurückverlangen. So konnte in dem vom Oberlandesgericht Bamberg am 8. Mai 2009 (AZ: 6 U 38/08) entschiedenen Fall eine Nacherbin erfolgreich die Unwirksamkeit eines umfangreichen Grundstücksgeschäfts geltend machen.
Entziehung des Pflichtteils nur bei schwerwiegender Straftat
Hamm/Berlin. Eltern können ihren Kindern den Erbpflichtteil nur entziehen, wenn diese gegen die Eltern eine schwere Straftat verübt haben. Die Veruntreuung einer Geldsumme reicht dafür nicht aus. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. Februar 2007 (AZ: 10 U 111/06) hervor.
Weiterlesen: Entziehung des Pflichtteils nur bei schwerwiegender Straftat