Kein „beredtes Schweigen“ im Arbeitszeugnis

Erfurt/Berlin. Wird im Arbeitszeugnis auf die Nennung bestimmter branchenüblicher Leistungen und Eigenschaften verzichtet, ist das ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer hier nur Unterdurchschnittliches geleistet hat. Dieses „beredte Schweigen“ widerspricht jedoch den Grundsätzen von Zeugniswahrheit und -klarheit. Der Arbeitnehmer kann eine Ergänzung verlangen. So urteilte das Bundesarbeitsgericht am 12. August 2008 (AZ: 9 AZR 632/07).


Nach zehn Jahren Tätigkeit bei einer Tageszeitung endete das Arbeitsverhältnis für einen Redakteur mit einem gerichtlichen Vergleich. In diesem verpflichtete sich der Arbeitgeber unter anderem, im Arbeitszeugnis die gute Führung und Leistung des Journalisten festzuhalten. Das ausgestellte Zeugnis enthielt jedoch keine Angaben zur Belastbarkeit des Mannes in Stresssituationen. Der Redakteur verlangte – unter anderem –, dass dieser Punkt ergänzt wird. Für einen Journalisten in einer Tageszeitungsredaktion ist es entscheidend, belastbar zu sein. Eine Aussage dazu im Arbeitszeugnis ist daher besonders wichtig.

Der Mann zog bis vor das Bundesarbeitsgericht. Die Richter gingen davon aus, dass ein Zeugnis das entscheidende Auswahlkriterium eines potentiellen Arbeitgebers ist. Es muss daher zum einen wahr und zum anderen klar, also verständlich formuliert sein. Der Arbeitnehmer darf nicht durch geheime Merkmale oder missverständliche Formulierungen zwischen den Zeilen anders beurteilt werden als der offensichtliche Wortlaut nahe legt. Ebenso darf es keine Auslassung geben, wo eine positive Hervorhebung zu erwarten ist. Ist die ausdrückliche Nennung bestimmter berufsspezifischer Eigenschaften – wie etwa Belastbarkeit – in der jeweiligen Branche üblich und könnte das Weglassen beruflich hinderlich sein, hat der Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass die Eigenschaften ihm auch bescheinigt werden.