Lehrer haftet für durchgehendes Pferd bei Minderjähriger

Karlsruhe/Berlin. Reitlehrer sind einem minderjährigen und unerfahrenen Reiter gegenüber verpflichtet, dessen Können abzuschätzen und ihn vor den mit einem Ausritt verbundenen erheblichen Gefahren zu bewahren. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit seinem Urteil vom 22. Oktober 2008 (AZ: 9 U 75/07) einer minderjährigen Reiterin ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000,00 € zugesprochen.


Das damals 13-jährige Kind hatte bei der Beklagten einige Reitstunden gehabt und war auch schon sechsmal im Gelände in Begleitung unterwegs gewesen. Die Eltern wussten und billigten dies. Als sie aber allein im Gelände unterwegs war, ging ihr Pony mit ihr durch. Es gelang ihr, das Pferd anzuhalten und abzusteigen. Aus Angst, das Pony könnte auf die Straße laufen, hielt sie es am Zügel und am Steigbügel fest. Als es daraufhin wieder los lief, schleifte es das Mädchen einige Meter mit und trat mit den Hinterhufen in ihr Gesicht. Die Klägerin verlangte Schmerzensgeld.

Das Gericht hielt die Haftung des beklagten Reitlehrers für gerechtfertigt. Zwar hat sich das Mädchen falsch verhalten, indem es versucht hat, ein vorher durchgegangenes Pferd festzuhalten, doch dies kommt aufgrund ihrer Minderjährigkeit und Unerfahrenheit nicht in Betracht. Normalerweise müssten durchgegangene Pferde abgelenkt und beruhigt, aber auf keinen Fall festgehalten werden. Das Mädchen ist auch bei den sechs bisherigen Ausritten im Gelände als unerfahrene Reiterin anzusehen. Erfahrene Reiter würden pro Tag etwa eine Stunde reiten und zusätzlich praktischen sowie theoretischen Unterricht nehmen. Es liegt ein gravierender, schuldhaft begangener Fehler vor. Die Aufgabe des Reitlehrers ist es gewesen, das Kind nicht in eine für sie schwer beherrschbare Situation zu bringen. Dies lässt das Mitverschulden des Mädchens gegenüber dem rechtswidrigen und erheblichen schuldhaften Verhalten des Reitlehrers gänzlich zurücktreten.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldanspruchs in Höhe von 12.000,00 € haben die Richter berücksichtigt, dass das Mädchen hier ein langjähriges Hobby des Querflötespielens infolge der dauerhaften Verletzungen ihrer Oberlippe aufgeben musste. Die Verletzung der Lippe ist auch erkennbar. Ersichtlich handelt es sich für die noch junge Klägerin um eine ernsthafte seelische Beeinträchtigung. Dies rechtfertigt ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 12.000,00 €.