Gericht: Freilaufender Schäferhund gefährlicher als angeleinter Pudel!

- Kein Mitverschulden wegen eines angeleinten Hundes -

Ein Hundehalter, der mit seinem angeleinten Hund spazieren geht, trifft kein Mitverschulden, wenn er infolge eines auf seinen Hund zu rennenden nicht angeleinten Hundes stürzt. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart vom 16. April 2002 (AZ: 10 U 205/01) hervor.


Die Klägerin ging am 28. Juni 1999 mit ihrem angeleinten Pudel spazieren. Zur selben Zeit führte auch die Beklagte den Schäferhund ihres Vaters unangeleint aus. Plötzlich rannte der Schäferhund in Richtung der Klägerin und ihres Hundes. Sofort rief die Beklagte den Hund zurück. Dieser hörte aufs Wort, stieß jedoch beim Umdrehen an den linken Unterschenkel der Klägerin, wodurch diese zu Boden stürzte und erhebliche Verletzungen erlitt. Die Klägerin verlangte nun Schadensersatz und Schmerzensgeld in vollem Umfang von der Beklagten und ihrem Vater.

Die Richter bejahten den Anspruch der Klägerin. Insbesondere treffe die Klägerin kein Mitverschulden. Das bloße Dasein des angeleinten Pudels der Klägerin könne nicht zu einer Mitverursachung des Unfalls führen. Die Ersatzpflicht bei der Tierhalterhaftung richte sich nach dem Verhältnis der Gefahren, die von beiden Tieren ausgegangen sind. Dabei sei die Tiergefahr, die durch einen freilaufenden Schäferhund besteht, erheblich höher als diejenige eines angeleinten Pudels. Darüber hinaus könne von der Klägerin nicht verlangt werden, sich optimal zu verhalten, wenn plötzlich ein freilaufender Schäferhund außer Sichtweite und Kontrolle seines Begleiters auf sie oder ihren angeleinten Pudel zu rennt. Es könne hier nicht mehr verlangt werden, als beim Verhalten eines Autofahrers bei einer erschrockenen Reaktion auf verkehrswidriges Verhalten Dritter.