Rottweil/Berlin (DAV). Die Betriebsgefahr eines Autos kann bei einem Unfall im Einzelfall deutlich sinken. Das kann dann der Fall sein, wenn ein Wagen beim Überholen einer Kolonne sich bereits im Wesentlichen auf der Gegenfahrbahn befindet und ein zweiter Wagen davor ausschert. Dann haftet der erste Wagen aus der Betriebsgefahr nur zu 20 Prozent. Auf die Entscheidung des Amtsgerichts Rottweil vom 15. Dezember 2022 (AZ: 2 C 226/22) macht die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) aufmerksam. Die Wagen fuhren hintereinander in einer Kolonne. Der Kläger hatte dabei als erster Fahrzeugführer zum Überholen angesetzt und war schon im Wesentlichen auf der Gegenfahrbahn, als auf einmal vor ihm ein Fahrzeug ebenfalls ausgescherte und mit dem überholenden Wagen kollidierte. Der Kläger verlangte daraufhin Schadensersatz. Das Amtsgericht Rottweil entschied, dass die Beklagte zu 80 Prozent und den Kläger zu 20 Prozent für den Unfall haftet. Das Gericht stellte zunächst fest, dass der Beklagte den Unfall im Wesentlichen verursacht hatte. Er hatte insbesondere vor dem Ausscheren nicht nach hinten geschaut. Dem Kläger konnte kein Vorwurf wegen Überholens in einer unklaren Verkehrslage gemacht werden. Es konnte nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass der Beklagte rechtzeitig den Blinker zum Überholen gesetzt hatte. Damit war das Überholen für den Kläger nicht zu erkennen. Allerdings hat das Amtsgericht auch berücksichtigt, dass der Kläger als Überholender eine erhöhte Betriebsgefahr verursacht hatte. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Gefahr, die regelmäßig und notwendigerweise mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges verbunden ist, durch besondere Umstände erhöht wird. In diesem Fall war es eine besondere Gefahr, dass der Kläger nicht nur ein einzelnes Fahrzeug, sondern eine Fahrzeugkolonne überholen wollte. Daher musste der Kläger zu 20 Prozent haften.
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