Verkehrsrecht

Beifahrer beschädigt beim Öffnen linke Tür – wer haftet?

Remscheid/Berlin (DAV). Öffnet ein Beifahrer die Tür und stößt dabei gegen eine hohe Bordsteinkante, muss er Schadensersatz zahlen. Entstand der Schaden beim Einsteigen, haftet zu 2/3. Der Fahrer übernimmt das weitere Drittel, da er die Anhaltestelle ausgewählt hat. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Amtsgerichts Remscheid vom 19. November 2020 (AZ: 28 C 111/20).

Die Beklagte wollte in das Auto der Klägerin einsteigen. Das Auto hielt an einem relativ hohen Bordstein. Als sie die Tür bei Dunkelheit öffnete, stieß die untere Kante der Tür an den Bordstein. Der Lack wurde beschädigt. Die Autofahrerin wollte darauf den Schaden von der Mitfahrerin ersetzt bekommen und klagte. Mit Erfolg, zumindest teilweise. 

Nach Auffassung des Gerichts hätte die Beifahrerin besser aufpassen müssen. Wer eine Tür öffne, müsse besonders sorgsam sein. Da sie sich selbst auf dem Bordstein befunden habe, sei es ihr leicht möglich gewesen, darauf zu achten. Das es dunkel war, entschuldige sie nicht. Vielmehr hätte sie noch besser aufpassen müssen. Es sei auch allgemein bekannt, dass Autotüren gegen Bordsteine stoßen können, wenn diese besonders hoch sind. Auch hätte sie beispielsweise mit ihrem Mobiltelefon den Einsteigerbereich ausleuchten können. Allerdings hafte die Klägerin aus der Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs zu einem Drittel mit. Sie hatte die Stelle ausgewählt und hätte die Beklagte beim Einsteigen auf Vorsicht hinweisen können.

Die DAV-Verkehrsrechtsanwälte weisen darauf hin, dass der Fall anders entschieden worden wäre, wenn die Klägerin Beklagte aus- statt eingestiegen wäre. In einem solchen Fall musste beim Landgericht Wuppertal der Fahrer zu 70 % und der Beifahrer zu 30 % haften (AZ: 9 S 134/14).

Informationen: www.verkehrsrecht.de

Städte und Gemeinden müssen Pflasterflächen regelmäßig kontrollieren

Hamm/Berlin (DAV). Die Kommunen müssen dafür sorgen, dass niemand gefährdet wird, der Fußwege und Straßen benutzt. Stürzt man dennoch über eine Unebenheit, haftet die Stadt aber nicht automatisch. Die Kontrollpflicht besteht nicht täglich. Kann die Gemeinde darlegen, dass sie den Gehweg in zeitlicher und örtlicher Hinsicht ausreichend kontrolliert hat, haftet sie nicht. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Oktober 2020 (AZ: 11 U 72/19).

Die damals 64jährige Klägerin verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld von mehr als 20.000 Euro von der Gemeinde. Sie stürzte auf dem Marktplatz über einen 4 bis 5 cm herausragenden Pflasterstein. Sie brach sich dabei den linken Oberarmknochen mehrfach. Sie wirft der beklagten Stadt vor, eine Gefahrenquelle durch den hinausragenden Pflasterstein nicht beseitigt zu haben. Sie habe das Hindernis auch nicht erkennen können. Die beklagte Stadt hingegen meinte, die dortige Pflasterung und der Plattenbelag würden regelmäßig einmal pro Woche durch einen geschulten Straßenbegeher – zuletzt fünf Tage vor dem Unfall – kontrolliert.

Die Klage der Frau scheiterte. Es komme nicht darauf an, in welcher Höhe der Pflasterstein herausgestanden habe, weil die beklagte Stadt den Markplatz jedenfalls ausreichend kontrolliert habe. Zwar bestünden keine Zweifel daran, dass die Klägerin zur angegebenen Zeit an der angegebenen Stelle über einen hochstehenden Pflasterstein gestolpert sei. Auch sei klar, dass dieser Pflasterstein eine Gefahrenstelle dargestellt habe, die zu beseitigen gewesen wäre. Die Stadt hafte dennoch nicht. Sie habe ihre Kontrollpflicht nicht verletzt. Zu dieser Pflicht gehöre es, die Straßen und Wege – in Abhängigkeit von ihrer Verkehrsbedeutung – regelmäßig zu beobachten und in angemessenen Zeitabschnitten zu befahren oder zu begehen. Es könne aber nicht verlangt werden, dass eine Straße oder ein Weg ständig völlig frei von Mängeln und Gefahren sei. Ein solcher Zustand lasse sich nicht erreichen. Der Stadt könne kein Vorwurf gemacht werden, da sie rund fünf Tage vor dem Unfall die spätere Unfallstelle bei einer ihrer wöchentlichen Kontrollen noch habe überprüfen lassen. Dass die Kontrolle nicht ausreichend gewesen wäre, gäbe es keine Anhaltspunkte. Der Pflasterstein könne sich auch kurz vor dem Unfall der Klägerin gelockert haben.

Informationen: www.verkehrsrecht.de

 

Totalschaden: Abrechnung auf 130 Prozent-Basis

Düsseldorf/Berlin (DAV). Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls kann sein Auto auch dann reparieren lassen, wenn die Reparaturkosten um 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges liegen. Voraussetzung ist, dass er das Kfz vollständig reparieren lässt und das Fahrzeug weiter nutzen möchte. Wird das Fahrzeug jedoch innerhalb von sechs Monaten gepfändet und versteigert, hat er dennoch einen Anspruch auf die Erstattung der 130 Prozent Reparaturkosten. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. Dezember 2019 (AZ: 1-1 U 162/18).

Bei einem Verkehrsunfall wurde das Auto des Geschädigten erheblich beschädigt. Die Reparatur sollte etwa 12.000 Euro kosten, berechnete der Gutachter. Er legte den Wiederbeschaffungswert auf 9.900 Euro fest. Der Geschädigte ließ das Fahrzeug in einer Werkstatt fachgerecht reparieren. Die gegnerische Versicherung wollte die Rechnung nicht komplett bezahlen. Auf Totalschadenbasis hätte er nur einen Anspruch auf Ersatz von etwa 4000 Euro, bei einem Restwert von ebenfalls rund 4000 Euro. Zwischenzeitlich wurde das Fahrzeug des Geschädigten wegen eines offenen Bußgeldbescheides gepfändet und versteigert. Dies geschah innerhalb von sechs Monaten nach dem Unfall.

Das Unfallopfer hat dennoch einen Anspruch auf Ersatz der vollen Reparaturkosten, so das Gericht. Allgemein anerkannt sei, dass die Reparaturkosten 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert liegen dürfen. Dies, wenn der Betroffene das „ihm vertraute Fahrzeug wie vor dem Unfall wiederherstellen lässt, um es nach der Reparatur weiter zu nutzen.“ Es komme hier auf den weiteren Nutzungswillen an, der dokumentiert werden müsse. Er müsse das Fahrzeug über einen längeren Zeitraum weiter nutzen wollen. Üblicherweise seien dabei sechs Monate ab dem Unfall ausreichend.

Davon können allerdings Ausnahmen gemacht werden. Etwa weil das Fahrzeug einen weiteren Unfall hat, oder aber der Betroffene aus finanziellen Gründen sich das Fahrzeug nicht mehr leisten kann. Hierzu gehöre dann auch der Umstand der Pfändung und Versteigerung des Fahrzeugs. Der Betroffene habe nachvollziehbar seine Situation geschildert und darauf verwiesen, dass er auf Arbeitslosengeld II angewiesen sei. Er habe das Auto auch tatsächlich weiter nutzen wollen, die sei ihm jedoch aus finanziellen Gründen nicht mehr möglich gewesen.

Straßenverkehr: Paketscanner sind wie Handys zu werten

Hamm/Berlin (DAV). Benutzt ein Fahrer eines Paketdienstes während der Fahrt den Paketscanner, muss er wie bei einer Handynutzung mit einem Bußgeld rechnen. Ein Paketscanner ist ein elektronisches Gerät im Sinne des Verkehrsrechts. Die Geldbuße von 120 Euro bei Benutzung eines solchen Scanners ist gerechtfertigt, so das Oberlandesgericht Hamm am 3. November 2020 (AZ: 4 RBs 345/20).

In dem von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall hatte ein Fahrer eines Paketdienstes einen Paketscanner während der Fahrt bedient. Er wurde dabei erwischt, wie er das den Scanner in einer Hand hielt und mit der anderen Hand tippte. Ein solcher Scanner dient dem Fahrer dazu, ihm die Aufträge zu zeigen. Dabei zeigt das Gerät die Lieferadresse an. Sobald ein Auftrag erledigt ist, bestätigt der Fahrer dies auf dem Scanner und die Spedition erhält eine Mitteilung. Der Scanner ähnelt dem Aussehen nach einem Mobiltelefon, verfügt über ein Display und eine Tastatur. Er wird per Batterie oder mit Akku betrieben. Das Amtsgericht verurteilte den Paketzusteller zu einer Geldbuße von 120 Euro. Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung.

Ein Paketscanner sei eben ein elektronisches Gerät, so die Richter in Hamm. Verboten sei die Nutzung jeglicher elektronischen Geräte, welche der Kommunikation, Information oder Organisation dienen. Der Scanner sei genau so ein elektronisches Gerät. Er zeige dem Betroffenen die auszuführenden Aufträge und die Lieferadressen an und diene damit der Information und Organisation. Der Fahrer hielt den Scanner in der Hand, tippte auf die Tastatur, so dass er das Gerät aufgenommen und bedient habe. Der Gesetzgeber habe aber der gefährlichen Ablenkung der Fahrer durch Mobiltelefone und andere elektronische Geräte durch das Verbot entgegenwirken wollen. Die Vorschrift beschränke sich nicht allein auf Mobiltelefone.

Informationen: www.verkehrsrecht.de

Wer haftet bei Unfall in einer Engstelle?

Schleswig/Berlin (DAV). Begegnen sich zwei Fahrzeuge in einer Engstelle müssen sie sich verständigen, wer die Fahrt fortsetzen soll. Ist der Vorrang geregelt (Verkehrszeichen 208 - roter und schwarzer Pfeil), gilt dies für den gesamten Streckenverlauf der Engstelle. Der Wartepflichtige muss seine Geschwindigkeit stark reduzieren, wenn er die Engstelle in einer Kurve nicht ganz einsehen kann. Notfalls muss er anhalten und zurücksetzen. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig vom 24. April 2020 (AZ: 7 U 225/19).

Die beiden Fahrzeuge kollidierten in einer engen Kurve. Dort war so eng, dass nur ein Kfz durch passte. An beiden Seiten der Kurve gab es Büsche und Bäume, die die Einsicht erschwerten. Die Beklagte hatte mit dem Verkehrszeichen „roter und schwarzer Pfeil“ den Vorrang vor der Klägerin. Die Klägerin meinte, in die Kurve mit einer Geschwindigkeit von 45-50 km/h eingefahren zu sein.

Das Landgericht sah eine Mithaftung der Klägerin von 70 Prozent als gegeben an. Diese Einschätzung bestätigte das Oberlandesgericht. Beide hätten gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme verstoßen. Denn sie hätten sich, als sie in der Engstelle nebeneinanderstanden, sich zwar ausgetauscht, allerdings nicht darüber, wie die Situation aufgelöst werden könnte. Dies ist jedoch Voraussetzung beim Passieren von Engstellen. Die Klägerin hafte überwiegend, da sie Vorrang der Beklagten nicht beachtete. Sie hatte zwar ausgeführt, dass sie die Beklagte aufgrund der Bäume und Büsche nicht habe sehen können. Dies überzeugte das Gericht jedoch nicht: Dann hätte sie viel langsamer in die Kurve fahren müssen, als mit den von ihr angegebenen 40-50 km/h. Sie hätte sicherstellen müssen, dass kein Fahrzeug entgegenkommt. Im Zweifel hätte sie dann rechtzeitig anhalten und zurücksetzen müssen.

Unfallgeschädigter darf auf Gutachtenbasis reparieren

Forchheim/Berlin (DAV). Der Schädiger trägt die Kosten einer auf Gutachtenbasis erfolgten Reparatur. Wurde bereits repariert, kommt es nicht darauf an, ob sich einzelne Leistungen später als nicht erforderlich oder zu teuer herausstellen. Das sogenannte Werkstattrisiko trägt der Schädiger. Das Unfallopfer darf dem Gutachten oder dem Kostenvoranschlag vertrauen. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Amtsgerichts Forchheim vom 3. Dezember 2019 (AZ: 70 C 530/19).

Bei einem Verkehrsunfall war die Schuldfrage geklärt. Auf Gutachtenbasis ließ der Geschädigte sein Auto reparieren. Er verlangte die Kosten von 3.075 Euro von der gegnerischen Versicherung ersetzt. Die Versicherung bezahlte vorgerichtlich rund 2.920 Euro. Den Rest, insbesondere den Transport des Fahrzeugs von der Fachwerkstatt in eine Lackiererei, hielt sie nicht für erstattungsfähig.

Das Gericht widersprach der Versicherung, sie muss auch die restlichen Kosten bezahlen. Das sogenannte Werkstatt- oder Prognoserisiko trage grundsätzlich der Schädiger. Das Unfallopfer darf sich auf die Notwendigkeit der einzelnen Maßnahmen in dem Gutachten verlassen. Insbesondere, wenn ihm bei der Auswahl der Werkstatt kein Vorwurf zu machen sei. Es komme nach der erfolgten Reparatur nicht darauf an, ob einzelne Tätigkeiten objektiv nicht erforderlich gewesen oder überhöht abgerechnet worden wären. Dies betreffe auch die in dem Gutachten genannten Kosten für den Transport.

Nach Ansicht der DAV-Verkehrsrechtsanwälte kann es sich also lohnen, nach einem Unfall zügig auf Gutachtenbasis zu reparieren. Dies sollte im Einzelfall anwaltlich geprüft werden. In aller Regel muss die gegnerische Versicherung auch die Anwaltskosten bezahlen.

Information: www.verkehrsrecht.de

Dürfen Meldebehörden Passfotos zur Identifizierung von Fahrer an die Bußgeldstelle herausgeben?

Koblenz/Berlin (DAV). Ein Einwohnermeldeamt darf zur Aufklärung einer Verkehrsordnungswidrigkeit der Bußgeldstelle ein Passfoto des vermutlichen Fahrers übersenden. Über die Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz vom 2. Oktober 2020 (AZ: 3 OWi 6 SsBs 258/20) informiert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). 

Der Betroffene fuhr außerhalb geschlossener Ortschaften 31 Stundenkilometer zu schnell. Gegen ihn wurde ein Bußgeldbescheid in Höhe von 150 Euro erlassen und ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Der Mann war auch der Halter des Wagens und die Bußgeldstelle hatte ihn vorher mit einem Schreiben angehört. Er äußerte sich nicht zu dem Vorwurf, er sei zu schnell gefahren. Daraufhin bat die Bußgeldstelle die Einwohnermeldebehörde um ein Vergleichsfoto des Betroffenen. Sie wollte damit den Fahrer identifizieren. Der Autobesitzer wehrte sich und warf dem Einwohnermeldeamt vor, die Herausgabe des Fotos verstoße gegen das Gesetz. Darum sei das Verfahren einzustellen.

Doch das Oberlandesgericht sah dies anders und bestätigte den Bußgeldbescheid. Nach Auffassung der Richter durfte das Foto nach den Regelungen des Personalausweisgesetzes an die Bußgeldbehörde herausgeben werden. Entscheidend sei hierbei der im Gefüge der gesetzlichen Vorschriften zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers. Demnach solle bei der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten die Übermittlung von Lichtbildern durch die Pass- und Personalausweisbehörden an die Bußgeldstellen zulässig sein. Auch wenn nach dem Wortlaut die Vorschriften enger gefasst sind, stehe dies nicht einer Herausgabe des Fotos entgegen. Damit blieb der Bußgeldbescheid mit Geldstrafe und Fahrverbot auch bestehen.

 

Geschwindigkeitsüberschreitung in Österreich – Nachweis erforderlich

Kärnten/Berlin (DAV). Auch wer in Österreich zu schnell unterwegs ist, muss nicht beweisen, dass er unschuldig ist. Vielmehr muss ihm, wie in Deutschland auch, die Tat nachgewiesen werden. Legt der Betroffene im Verfahren eine Kopie seines Personalausweises vor, kommt er seiner Mitwirkungspflicht nach. Wenn dann der Vergleich mit dem Radarfoto zeigt, dass es sich nicht um die gleiche Person handelt, muss er frei gesprochen werden. Bei Zweifeln kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Betroffene tatsächlich nicht „Lenker an der Tatörtlichkeit“ war. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Kärnten (Österreich) vom 20. August 2020 (AZ: KLVwG-540/2/20).

Der Betroffene fuhr in Österreich auf der Autobahn 28 km/h zu schnell. Erlaubt waren lediglich 100 km/h. Gegen ihn wurde eine Geldstrafe in Höhe von 90 € verhängt. Beweis war das Frontfoto des Blitzers.

Der Mann legte Beschwerde ein. Die österreichischen Behörden baten die Berliner Polizei am Wohnort des Betroffenen um Unterstützung. Im Laufe des Verfahrens legte der Mann eine Farbkopie seines Personalausweises vor. Ein Vergleich der beiden Bilder ergab, dass auf dem Blitzerfoto eine jüngere männliche Person mit vollerem Haarwuchs zu sehen ist. Der 78-jährige Berliner gab auch an, zu dem Zeitpunkt das Auto dort nicht gefahren zu sein.

Zwischenzeitlich wurde der Mann noch einmal aufgefordert nachzuweisen, dass er selber nicht „die Lenkverantwortung“ getragen habe. Das Gericht stellte wiederum fest, dass ein Vergleich des Radarfotos mit dem Foto im Personalausweis erhebliche Zweifel wecke, ob der Mann tatsächlich das Fahrzeug fuhr. Durch die Vorlage der Kopie des Ausweises habe er auch der österreichischen Mitwirkungspflicht entsprochen. Auch müsste der Beschuldigte nicht nachweisen, dass er keine strafbare Handlung begangen habe.

Da dem Betroffenen nicht zweifelsfrei der Geschwindigkeitsverstoß nachgewiesen werden konnte, wurde er freigesprochen.

Auch bei verkehrsrechtlichen Fragen im Ausland, ob beim Unfall oder bei einem Knöllchen, helfen DAV-Verkehrsrechtsanwälten und -anwälte in Deutschland.

Information: www.verkehrsrecht.de

Vorsicht auf Supermarktparkplatz – Haftung nach Unfall

Frankenthal/Berlin (DAV). An der Einfahrt in einen Parkplatz von Einkaufsmärkten muss man vorsichtig sein und darf niemanden gefährden. Dort und auf den Parkplätzen gilt das allgemeine Rücksichtnahmegebot. Grundsätzlich muss man bremsbereit sein und Schrittgeschwindigkeit (4-7 km/h) fahren. Sonst haftet man bei einem Unfall. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Amtsgerichts Frankenthal vom 28. Oktober 2020 (AZ: 3c C 101/19).

Der Kläger fuhr mit seinem Motorroller zu einem Supermarktparkplatz. Der beklagte Autofahrer wollte den Parkplatz gerade verlassen, als sie sich an der Einfahrt begegneten. Als die beiden Fahrzeuge aufeinander zukamen, sprang der Kläger von seinem Roller. An dem Zweirad entstand dadurch wirtschaftlicher Totalschaden. Zu einem Kontakt zwischen den beiden Fahrzeugen kam es nicht. 

Der Kläger warf dem Beklagten vor, er sei zu schnell mit mehr als 30 km/h auf ihn zugefahren. Deshalb habe er abspringen müssen. Dessen Auto sei erst in letzter Sekunde so abgebremst worden, dass es etwa einen halben Meter vor dem Roller zum Stehen gekommen war. 

Die Klage des Rollerfahrers war überwiegend erfolgreich. Der Kläger musste sich aber ein Mitverschulden von einem Drittel anrechnen lassen.

Das Amtsgericht erinnerte an das Rücksichtnahmegebot des § 1 StVO. Man müsse sich demnach so verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen vermeidbar behindert oder belästigt wird. Dagegen habe der Beklagte verstoßen. Gerade auf Parkplätzen sei dieses allgemeine Rücksichtnahmegebot wegen der ständig wechselnden Verkehrssituationen im besonderen Maße zu beachten. Man müsse stets bremsbereit sein und mit Schrittgeschwindigkeit fahren. Dies sei die sehr langsame Geschwindigkeit eines normal gehenden Fußgängers (ca. 4 bis 7 km/h). 

Es stehe fest, dass das Verhalten des Beklagten diesen Anforderungen nicht gerecht wurde. Berühre man sich bei einem Unfall nicht, sei es für die Feststellung der Schuld notwendig, dass sich eine vom Kfz ausgehende Gefahr ausgewirkt habe. Das Fahrzeug müsse durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zur Entstehung des Schadens beigetragen haben. Dies sei hier nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Fall. Der Beklagte sei mit unangemessener hoher Geschwindigkeit gefahren. Dadurch habe er den Absprung des Beklagten provoziert. Es läge ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vor. Der Kläger müsse sich aber ein Mitverschulden zurechnen lassen. Er selbst sei mit 15 bis 20 km/h auf den Parkplatz gefahren. Daher hielt das Gericht eine Haftungsverteilung von zwei Dritteln zu einem Drittel zugunsten des Klägers für angemessen.

 

Radeln auf Streugut - kein Schadensersatz bei Stürzen

 

Schleswig/Berlin (DAV). Wenn Radler auf Streugut stürzen, können sie nur dann Schadensersatz verlangen, wenn der Streupflichtige einen Fehler gemacht hat. Es gibt aber keine Verpflichtung, das Streugut nach der Verwendung wieder von der Straße oder den Wegen zu beseitigen. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgericht Schleswig vom 10. September 2020 (AZ: 7 U 25/19).

An einem 24. März stürzte eine Radfahrerin beim Abbiegen auf nicht beseitigten Streugutresten. Am Unfalltag herrschte normale Witterung ohne Frost. Die Klägerin meinte, die Gemeinde hätte das Streugut längst beseitigen müssen und habe daher ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Die Klage der Frau blieb erfolglos. Nach Auffassung des Gerichts habe die Gemeinde ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Es gebe keine Pflicht, wonach das Streugut gleich nach jeder Verwendung wieder beseitigt werden müsse. Dies gelte insbesondere für das in diesem Fall benutzte Splitt–Salz–Gemisch, das nach dem einmaligen Einsatz nicht verbraucht sei. Es mindere Gefahren auch bei künftigen Schneefällen oder bei Eisglätte. Ende März sei immer noch mit Frost zu rechnen, allein schon deshalb mussten die Streurückstände nicht beseitigt werden.

Information: www.verkehrsrecht.de