Verkehrsrecht

Trunkenheit auf dem E-Scooter – Entzug der Fahrerlaubnis?

Halle/Berlin (DAV). Wer ein Kraftfahrzeug fährt, verliert in der Regel ab 1,1 Promille seinen Führerschein, ein Radfahrer muss 1,6 Promille haben. Was ist aber bei einem betrunkenen E-Scooter-Fahrer, der mehr als 1,1 im Blut hat? Kommen Gründe hinzu, die gegen eine absolute Fahruntüchtigkeit sprechen, wird der Führerschein nicht entzogen, unabhängig von der Frage, ob ein E-Scooter ein Kraftfahrzeug ist oder wie ein Fahrrad zu behandeln ist. Dies entschied das Landgericht Halle am 16. Juli 2020 (AZ: 2 Qs 81/20), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt. E-Scooter sind nicht so gefährlich, wie die „klassischen“ Kraftfahrzeuge, wie Autos, Lkw usw.

Der E-Scooter-Fahrer wurde nachts mit 1,28 Promille erwischt. Das Amtsgericht entzog ihm die Fahrerlaubnis. Gegen diesen Beschluss legte der Beschuldigte Beschwerde ein. Das Amtsgericht sei zu Unrecht von einer absoluten Fahruntüchtigkeit des Beschuldigten ausgegangen. Für E-Scooter sei die Schwelle eines Blutalkoholgehalts von 1,6 Promille maßgeblich. E-Scooter seien mit Pkws oder Motorrädern absolut nicht vergleichbar. Sie ähnelten vielmehr Fahrrädern mit elektrischem Hilfsantrieb.

Das Landgericht hob den Beschluss des Amtsgerichtes auf. Die Voraussetzungen für eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis lägen nicht vor. Das Gericht sah keine dringenden Gründe für die Annahme, dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis zu entziehen. Aller Voraussicht nach würde die Regelvermutung dafür, den Beschuldigten als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, ausnahmsweise widerlegt. Von der Entziehung der Fahrerlaubnis könne daher abgesehen werden. Das abstrakte Gefährdungspotenzial von E-Scootern unterscheide sich deutlich von dem der „klassischen“ Kraftfahrzeuge, wie Pkws, Lkws, Krafträder usw. Das ergebe sich bereits aus der durch Gewicht und Höchstgeschwindigkeit bestimmten äußeren Beschaffenheit von E-Scootern. Diese weisen in aller Regel ein Gewicht von ca. 20 bis 25 kg und eine mögliche Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h auf. 

Ein E-Scooter sei daher im Hinblick auf das Gefährdungspotenzial mit einem Fahrrad oder einem Fahrrad mit einem elektrischen Hilfsantrieb (sog. Pedelecs) vergleichbar. Auch seien die Leistungsanforderungen bei dem Führen eines E-Scooters, insbesondere in Bezug auf das Halten des Gleichgewichts, nahezu identisch mit denen des Fahrens auf einem Fahrrad.

Hinzu käme auch, dass der Beschuldigte auf einem Fahrradweg über die relativ kurze Strecke von 15 Metern leichte Schlangenlinien gefahren sein soll. Weitere Ausfallerscheinungen oder die Gefährdung von Personen oder Sachen waren nicht ersichtlich.

Fahrradweg nicht benutzt – Radfahrer haftet bei Unfall mit

München/Berlin (DAV). Wenn ein Radfahrer bei einem Unfall mit einem Auto den Radweg nicht benutzt hat, haftet er zu 25 Prozent mit. Das gilt auch dann, wenn er mit einem auf einer kurvigen Bergstraße schnell fahrenden Motorrad kollidierte. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 20. Oktober 2021 (AZ: 10 U 651/20). Kann dem Motorradfahrer selbst kein Vorwurf gemacht werden, haftet er wegen der erhöhten Betriebsgefahr zu 75 Prozent.

In dem von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall kam es zum Unfall zwischen einem Motorradfahrer und einer Radfahrerin. Er ereignete sich bei einem Überholmanöver durch den Motorradfahrer auf einer in jede Fahrtrichtung einspurigen und kurvigen Bundesstraße. Ein Gutachten kam zu dem Schluss, dass das Motorrad eine Kollisionsgeschwindigkeit von 90 bis 97 km/h hatte. Beide Unfallbeteiligte wurden schwer verletzt. Das genaue Fahrverhalten konnte nicht aufgeklärt werden, so dass dem Motorradfahrer keine Schuld nachgewiesen werden konnte. Die Radfahrerin hatte statt dem Radweg die Straße benutzt.

Bei Unfällen von motorisierten und nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern orientiert sich die Haftung an der Betriebsgefahr. Das Oberlandesgericht nahm beim Motorradfahrer aufgrund der hohen Betriebsgefahr beim Überholen eine Mithaftung von 75 Prozent an. Es berücksichtigte dabei, dass die Straße kurvig und einspurig je Fahrtrichtung war. Eine Mithaftung der Fahrradfahrerin folge daraus, dass sie den Radweg nicht benutzt hatte. Daher hafte sie wegen dieses Verstoßes zu 25 Prozent. Ein völliges Zurücktreten der Mithaftung sei deswegen ausgeschlossen.

Information: www.verkehrsrecht.de

Kokain: Ausländischer Führerschein gilt nicht

Trier/Berlin (DAV). Wer harte Drogen konsumiert, riskiert seinen Führerschein. Ausländische Führerscheine werden in der Regel dann nicht eingezogen, sondern es wird das Recht aberkannt, sie in Deutschland zu nutzen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Trier vom 7. Dezember 2021 (AZ: 1 L 3223/21.TR).

Es reicht schon, Kokain einmal zu konsumieren, warnt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Der Konsum muss auch nicht im Zusammenhang mit Autofahren erfolgt sein. 

Der in Deutschland wohnende Antragsteller hat eine im europäischen Ausland erteilte Fahrerlaubnis. Damit kann er auch in Deutschland Kfz fahren. Bei einer Verkehrsunfallaufnahme wurde beim Antragsteller der Konsum von Kokain und THC festgestellt. Als die Fahrerlaubnisbehörde davon erfuhr, erkannte sie das Recht des Antragstellers ab, mit seinem ausländischen Führerschein im Bundesgebiet zu fahren. 

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und stellte bei Gericht einen Eilantrag. Er begründete dies damit, dass es beim Besuch eines Bekannten, der Kokain geraucht habe, wohl zu einer unbeabsichtigten Aufnahme von Kokain gekommen sein müsse. Möglicherweise hätten sich an dem ihm zum Trinken angebotenen Glas Anhaftungen von Kokain befunden. Außerdem habe er die Tabakblättchen seines Bekannten benutzt, auf denen möglicherweise ebenfalls Kokainanhaftungen gewesen seien.

Der Mann hatte keinen Erfolg. Für das Gericht musste die Nutzung der Fahrerlaubnis verboten werden. Der Antragsteller habe sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Deshalb durfte die Fahrerlaubnisbehörde das Recht aberkennen, von der „im europäischen Ausland erteilten Fahrerlaubnis von dieser im Bundesgebiet Gebrauch zu machen“. Eine Fahrerlaubnis sei zwingend zu entziehen, wenn die Einnahme sogenannter harter Drogen im Sinne des BtMG – Cannabis zähle nicht hierzu - feststehe. Dies gelte unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr im berauschten Zustand und vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig „harte Drogen“ im Körper des Fahrerlaubnisinhabers nachgewiesen werden könnten. 

Das Gericht folgte der Verteidigung des Mannes nicht. Es ging nicht davon aus, dass es lediglich zu einer unbeabsichtigten Aufnahme von Kokain gekommen war. Die vermutete Aufnahme von Kokain durch Anfassen des Wasserglases oder der Tabakplättchen sei schon nicht plausibel. Außerdem habe die Blutprobe gezeigt, dass der Antragsteller nicht nur eine geringe Menge Kokain unbewusst eingenommen hatte.

 

Unfall: Entschädigung für Nutzungsausfall setzt Willen zur Nutzung voraus

Dresden/Berlin (DAV). Dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls steht auch eine Entschädigung für den Nutzungsausfall zu. Voraussetzung ist jedoch, dass er ein Fahrzeug auch nutzen will. Wer bei einem Totalschaden kein Ersatzfahrzeug über zweieinhalb Jahre geschafft, hat keinen Nutzungswillen, dann entfällt die Entschädigung. Darauf weist die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV) hin. Die bezieht sich auf eine Entscheidung des Oberlandesgericht Dresden vom 17. Mai 2021 (AZ: 4 U 382/21).

Nach einem Verkehrsunfall stritten die Parteien zunächst über die Schuld und die Höhe des Schadensersatzes. Da der Kläger bei dem Unfall einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt, verlangte der Mann unter anderem Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für 156 Tage, von je 59 € je Kalendertag, insgesamt 9.204 €. Das Landgericht stellte fest, dass der Beklagte den Unfall verursacht hat und zu 100 % haften muss. Das Gericht lehnte aber eine Entschädigung für den Nutzungsausfall ab. Dagegen legte der Kläger Berufung ein.

Aber auch das Oberlandesgericht sah keinen Grund für eine Nutzungsausfallentschädigung. Wenn ein Geschädigter mehrere Monate warte, bis er sich ein Ersatzfahrzeug beschafft, fehle es am Nutzungswillen. Dann entfalle auch der Anspruch. Gerade dann, wenn über die übliche Wiederbeschaffungszeit hinaus Nutzungsausfall geltend macht werde, müsse darlegt werden, dass man nicht die Mittel für eine Ersatzbeschaffung habe. Dazu gehöre auch ein frühzeitiger Hinweis auf die finanzielle Situation an den Schädiger beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherung. Der Geschädigte müsse auch erläutern, warum er ein Fahrzeug nicht notfalls durch Kreditaufnahme finanzieren könne. Dazu gehöre auch der Nachweis, dass er keinen Kredit erhalten hätte. Im vorliegenden Fall hatte der Geschädigte über zweieinhalb Jahre kein Ersatzfahrzeug angeschafft. Da er über ein regelmäßiges Einkommen verfügte, war das Gericht nicht davon überzeugt, dass er keinen Kredit erhalten hätte. Notfalls hätte er über die Anschaffung eines Interimsfahrzeugs mit dem Restwerterlös und Ersparnissen die Zeit überbrücken müssen. Er hätte also seine Finanzierungsschwierigkeiten belegen müssen.

Etwas anderes gilt, wenn der Haftpflichtversicherer die Regulierung verzögert, obwohl der Geschädigte darüber informierte, dass er finanziell nicht in der Lage ist, ein Ersatzfahrzeug zu beschaffen, oder eine Reparatur durchführen zu lassen.

Bus hat Vorrang – aber nur mit Blinker

Celle/Berlin (DAV). Will ein Bus von der Haltestelle abfahren hat er grundsätzlich Vorfahrt. Allerdings muss der Busfahrer rechtzeitig blinken und sich vergewissern, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht stark bremsen müssen. Tut er dies nicht, haftet bei einem Unfall das Busunternehmen. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 10. November 2021 (AZ: 14 U 96/21).  

In dem Moment, als ein Pkw die Haltestelle passierte, fuhr der Bus auf die Fahrbahn. Noch beim Anfahren des Busses kam es zum Unfall. Es entstand ein Schaden von gut 10.000 €. Der Busfahrer behauptete zwar, den linken Blinker gesetzt zu haben, konnte das aber nicht beweisen.

Der Busbetrieb haftete zu drei Vierteln. Der Pkw-Halter muss aus seiner Betriebsgefahr zu einem Viertel den Schaden tragen. Grundsätzlich wird ein Verschulden des Anfahrenden vermutet, hier also des Busfahrers. Allerdings gebe es bei Bussen eine Privilegierung durch eine grundsätzliche Wartepflicht des Autoverkehrs. Auch dürfen Fahrzeuge an haltenden Omnibussen nur vorsichtig vorbei fahren. Allerdings müsse dann der Busfahrer beweisen, dass er sich richtig verhalten habe. Er konnte aber nicht beweisen, dass er geblinkt hatte. Auch stand aufgrund eines Gutachtens fest, dass der Pkw nur mit 30 km/h an dem Bus vorbeigefahren war. Deshalb führte nur die sogenannte Betriebsgefahr des Pkw dazu, dass dessen Halter ein Viertel des Schadens selbst tragen muss.

Die DAV-Verkehrsrechtsanwälte informieren darüber, dass insbesondere das Kammergericht in Berlin in zwei früheren Entscheidungen die gegenteilige Auffassung vertreten hatte. Dort mussten die Pkw-Fahrer widerlegen, dass ein Busfahrer rechtzeitig geblinkt habe.

Ohnmacht während der Fahrt – Verlust des Führerscheins?

Oldenburg/Berlin (DAV). Wer während der Autofahrt das Bewusstsein verliert, kann seinen Führerschein einbüßen. Entscheidend ist, ob die Person mit einem entsprechenden Anfall rechnen musste. Der Beschuldigte braucht hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass seine Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Ein einmaliger Schwindelanfall tags zuvor reicht nicht aus, um sich Sorgen zu machen. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landgerichts Oldenburg vom 22. April 2021 (AZ: 4 Qs 167/21).

In dem Verfahren musste geprüft werden, ob dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis zu Recht vorläufig entzogen worden war. Bei einer Fahrt war er ohnmächtig geworden. Ihm wurde vorgeworfen, dass er trotz eines „körperlichen Mangels“ wie Schwindel und Gefahr der Ohnmacht Auto fuhr. Das Landgericht hob den Beschluss des Amtsgerichts auf, der Mann erhielt seine Fahrerlaubnis zurück. Die Voraussetzungen für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis lägen nicht vor. Es fehle bereits an einem fahrlässigen Verkennen eines solchen Defizits durch den Beschuldigten. Er habe nicht damit rechnen müssen, während der Fahrt das Bewusstsein zu verlieren. Es lägen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass seine Leistungsfähigkeit eingeschränkt war. Seinen Angaben zufolge sei ihm am Vormittag des Tattages lediglich schon einmal schwindlig gewesen, woraufhin er etwas gegessen und getrunken habe. Danach sei es ihm wieder gut gegangen. Deshalb hätte der Mann nicht vom „Führen eines Kraftfahrzeugs“ Abstand nehmen müssen. Eine derartige Vorsicht zu verlangen, überspanne die Sorgfaltsanforderungen, welche an einen Kraftfahrzeugführer zu stellen seien. 

Kurzzeitiges Schwindelgefühl sei keine sonderlich unübliche und Besorgnis erregende Erscheinung. Aufgrund eines solchen Schwindelgefühls müsse ein Kraftfahrzeugführer jedenfalls nicht mit Ohnmachtsanfällen rechnen. Die Anforderungen dürften auch nicht überspannt werden. Bei häufigen Schwindelanfällen und damit einhergehenden Ohnmachtszuständen wäre das Gericht wohl zu einer anderen Entscheidung gekommen, warnen die DAV-Verkehrsrechtsanwälte.

 

Bußgeld für Parkverstoß nur bei Zugang des Anhörbogens

Andernach/Berlin (DAV). Ein Knöllchen für einen Parkverstoß muss gezahlt werden, wenn der Zugang des Anhörungsbogens durch die Behörde nachgewiesen werden kann. Ansonsten muss der Kostenbescheid aufgehoben werden. Dies entschied das Amtsgericht Andernach am 21. April 2021 (AZ: 2h OWi 145/21), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV) mitteilt.

Der Lkw des Klägers parkte falsch. Die Verwaltungsbehörde erstellte einen „Fragebogen zur Fahrermittlung“ und behauptet, sie hätte ihn dem Lkw-Halter zugesandt. Der Halter meldete sich jedoch nicht, daher erließ die Behörde einen Kostenbescheid gegen ihn. Dagegen klagte der Mann und erklärte, keinen Anhörungsbogen erhalten zu haben. Das Gericht hob den Kostenbescheid auf. Einem Halter könnten die Kosten für ein Bußgeldverfahren nur dann auferlegt werden, wenn der Fahrer nicht vor Ablauf der Verfolgungsverjährung ermittelt werden kann. Allerdings müsse der Halter angehört werden, um den Fahrer zu ermitteln. Das Gericht sah hier keine wirksame Anhörung des Halters. Zudem konnte die Behörde den Empfang des Anhörungsbogens nicht nachweisen. Die Beweislast treffe nicht den Empfänger, sondern die Behörde. 

Zwar gebe es die so genannte Zugangsfiktion. Dann müsse der Empfänger detailliert darlegen, wieso er den Anhörungsbogen nicht erhalten habe. Eine solche Zugangsfiktion gelte aber nur dann, wenn die Behörde den Zeitpunkt der Aufgabe des Bescheides in ihren Akten notiert habe. Da ein solcher Vermerk nicht vorlag, konnte die Behörde auch nicht nachweisen, den Anhörungsbogen überhaupt losgeschickt zu haben. Da die Behörde ihrer Nachweispflicht nicht nachgekommen sei, müsse der Kostenbescheid aufgehoben werden.

 

Eintragung in Zulassungsbescheinigung für Kraftfahrzeugsteuer bindend

Münster/Berlin (DAV). Die Feststellung der Fahrzeugklasse durch die Zulassungsbehörde entscheidet über die Höhe der Kraftfahrzeugsteuer. Für die Festsetzung der Kfz-Steuer kommt es auf die Zulassungseintragung an. Diese ist bindend, auch für das Hauptzollamt. Letzteres kann nicht von sich aus prüfen, ob vielleicht Gründe für eine Steuerbefreiung vorliegen. Änderungen gelten meist nicht rückwirkend. Auf die Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 23. September 2021 (AZ: 10 K 3692/19 Kfz) weist die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin.

Für ihren Schaustellerbetrieb erwarb die Klägerin am 21. Juni 2017 einen Sattelanhänger. Dieser war erstmals 1999 zum Straßenverkehr zugelassen. In der Zulassungsbescheinigung Teil II war die Nutzung für das Schaustellergewerbe nicht vermerkt. Das Hauptzollamt setzte dann Kraftfahrzeugsteuer für den Sattelanhänger fest. Eigentlich sind aber „Packwagen im Gewerbe nach Schaustellerart“ von der Kfz-Steuer befreit. Das Hauptzollamt berief sich auf die Eintragung in der Zulassungsbescheinigung. Während des Klageverfahrens ließ die Klägerin die Zulassungsbescheinigung auf das Schaustellergewerbe umschreiben. Das Hauptzollamt sagte zu, die Steuerbefreiung ab dem Zeitpunkt der Umschreibung zu gewähren.

Die Klägerin meint, die Steuerbefreiung müsse auch rückwirkend gelten und klagte. Jedoch ohne Erfolg. Eine rückwirkende Steuerbefreiung könne nicht verlangt werden, so das Finanzgericht. Die Feststellung der Zulassungsbehörde sei bindend. Die Steuerfestsetzung könne erst ab dem Zeitpunkt geändert werden, ab dem die Zulassungsbehörde eine entsprechende Eintragung vornehme. Dies sei auch rückwirkend möglich. Allerdings hatte in diesem Fall die Zulassungsbehörde die Neueintragung aber nicht auf den Tag der Zulassung auf die Klägerin zurückbezogen.

 

Fliegende Steine: Landwirt muss nach Mähen am Feldrand Schadensersatz zahlen

Frankfurt/Berlin (DAV). Wenn ein Auto durch beim Mähen aufgewirbelte Steine beschädigt wird, kann man Anspruch auf Schadensersatz haben. Dies gilt für Personenwagen wie für Busse. Wenn in einem Abstand von nur zwei bis drei Metern zu einem parkenden Linienbus Mäharbeiten durchführt werden, müssen entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. So muss beispielsweise der anwesende Busfahrer über die Mäharbeiten informiert werden. Geschieht das nicht, bekommt man Schadensersatz. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 31. August 2021 (AZ: 26 U 4/21).

Die Klägerin betreibt ein Busunternehmen und setzt ihre Linienbusse im öffentlichen Nahverkehr ein. Im April 2019 stellte ein Fahrer einen Linienbus an einer U-Bahn-Station ab. Parallel zum Halteplatz mähte ein Mitarbeiter der Beklagten auf dem Feld und beschädigte dabei durch Steinschlag die hintere linke Scheibe des Busses.Die Busunternehmerin wies auf die fehlenden Sicherheitsvorkehrungen hin, unter anderem hätte die Fläche vorher nach Steinen abgesucht werden müssen. Es hätte auch ein Rasenmäher mit einem Rund-um-Schutz eingesetzt werden können. Alternativ hätten mobile Schutzwände aufgestellt werden können. Da all das unterblieben war, verlangte die Klägerin unter anderem die Erstattung der Kosten für vier Reparaturtage.

Nachdem das Landgericht die Klage noch abgewiesen hatte, bekam das Busunternehmen beim Oberlandesgericht Schadensersatz zugesprochen. Es stehe fest, dass der Bus durch einen von dem Rasenmäher aufgeschleuderten Stein beschädigt wurde. Die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt. „Derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft, ist verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern, so das Gericht. Zwar könne keine absolute Sicherheit gewährleistet werden. Aber zumutbare Sicherungen müssten ergriffen werden. Dazu gehöre es, bei Mäharbeiten an Straßen Schäden durch hochgeschleuderte Steine zu verhindern.

Das Mähfahrzeug wäre hier im Abstand von nur zwei bis drei Metern an dem auf dem Warteplatz stehenden Bus vorbeigefahren. Dem Mitarbeiter der Beklagten sei es zumutbar gewesen, den dort anwesenden Busfahrer kurz darauf hinzuweisen, dass er in einem geringen Abstand mähen wolle. Der Busfahrer hätte dann entscheiden können, ob er das Risiko eines Steinschlags hinnehme oder aber den Bus vorübergehend an einer anderen Stelle abstelle.

Wenn ein Auto durch Steinschlag bei Mäharbeiten beschädigt wird, sollte man seine Ansprüche geltend machen, raten die DAV-Verkehrsrechtsanwälte.

Information: www.verkehrsrecht.de

Mehr Personen in einem Auto – Verstoß gegen Corona-Regeln?

Dortmund/Berlin (DAV). Ein privater Pkw ist kein öffentlicher Raum. Aus „baulichen Gründen“ ist die Einhaltung des Mindestabstands gemäß der Corona-Schutzmaßnahmen nicht möglich. Fahren mehrere haushaltsfremde Personen in einem Auto, darf kein Bußgeldbescheid erlassen werden. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Dortmund vom 3. Mai 2021 (AZ: 729 OWi – 127 JS 200/21-54/21), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert.

In einem Bußgeldbescheid wurde drei Personen vorgeworfen, zusammen in einem Auto gefahren zu sein und den Mindestabstand von 1,50 Metern nicht eingehalten zu haben. Die Personen gehörten unterschiedlichen Haushalten an. Dies hätte einen Abstandsverstoß gegen die Corona-Schutzmaßnahmen darstellen können.

Das Gericht sah dies anders. Zunächst stellte es fest, dass zu dem fraglichen Zeitpunkt die Corona-Schutzverordnung NRW die Mindestabstandsregelung lediglich für den „öffentlichen Raum“ vorsah. Zudem sei geregelt gewesen, dass die Unterschreitung des Mindestabstands möglich war, wenn aus „baulichen Gründen“ keine Einhaltung möglich wäre.

Ein privater Pkw sei zunächst kein „öffentlicher Raum, stellte das Gericht klar. Zudem wären alle Sitzplätze bestimmungsgemäß und nach straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zulässig besetzt gewesen. Bei der Nutzung dieser Sitzplätze könne also der Mindestabstand aus „baulichen Gründen“ nicht eingehalten werden. Daher waren die Betroffenen freizusprechen.

Information: www.verkehrsrecht.de