Verwaltungsrecht
Unter Nachbars Baukran: Muss Nutzung des Luftraums über eigenem Grundstück hingenommen werden?
Stuttgart/Berlin (DAA). Bei vielen Bauvorhaben muss auch ein Baukran aufgestellt werden. Dies muss vorher aber nach Landesrecht angezeigt werden. Ansonsten können Nachbarn die Nutzung des Luftraums beim Schwenken des Krans untersagen, so das Oberlandesgericht Stuttgart vom 1. August 2022 (AZ: 4 U 74/22). Zunächst muss versucht werden, die Zustimmung einzuholen bzw. bei der Verweigerung notfalls gerichtlich eine Duldungspflicht durchzusetzen, erläutert das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“.
Um einen Neubau zu errichten, ließen die Eigentümer einen Schwenkkran aufstellen. Vorher wurde dies nicht angekündigt. Der Kran schwenkte mit oder ohne Lasten im Luftraum über dem Grundstück des Klägers. Dieser klagte gegen die Nutzung im Eilverfahren.
Mit Erfolg. Den Beklagten stand kein Anspruch auf Nutzung des Luftraums zu, so das Oberlandesgericht. Zwar müssten Grundstücksnachbarn regelmäßig die Nutzung des Luftraums dulden. Allerdings handele es sich immerhin um eine Störung des Besitzes der Nachbarn. Daher müssten die Arbeiten angezeigt werden. Dies hatten die Bauherren versäumt.
Informationen und eine Anwaltssuche: www.anwaltauskunft.de
3G reicht nicht bei Privatfeier zum 30. Geburtstag
Hannover/Berlin (DAV). Wer mit über 25 Gästen seinen 30. Geburtstag feiert, kann dies nicht unter 3G-Bedingungen, wenn 2G vorgeschrieben ist. Dies hat das Verwaltungsgericht Hannover am 12. November 2021 (AZ: 15 B 6087/21) in einem Eilverfahren entschieden. Damit wurde der Eilantrag eines Mannes abgelehnt, der seinen Geburtstag mit insgesamt 39 Gästen unter 3G-Bedingungen feiern wollte. Die zusätzlichen Beschränkungen bei 2G lehnte er ab, erläutert das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“.
Seit dem 12. November 2021 können in Hannover Zusammenkünfte ab 25 Personen in geschlossenen Räumen nur unter der Maßgabe von 2G stattfinden. Der Antragsteller selbst sowie ca. fünf weitere Gäste sind aber weder gegen COVID-19 geimpft noch hiervon genesen. Mit seinem Antrag wollte er feststellen lassen, dass die Geburtstagfeier ohne die zusätzliche Einschränkung der Allgemeinverfügung stattfinden konnte. Er meinte, die Maßnahme trage nicht zum Infektionsschutz bei. Auch Geimpfte und Genesene könnten das Virus weiterverbreiten. Eine Warnstufe der Hospitalisierungsrate sei noch nicht erreicht.
Das Gericht wies den Antrag ab. Die 2G-Vorgabe sei verhältnismäßig. Sie biete im Vergleich zu einer 3G-Regelung erwiesenermaßen einen höheren Infektionsschutz. Geimpfte hätten sowohl ein geringeres Risiko, sich selbst zu infizieren, als auch bei einer Infektion die Gefahr eines schwereren Verlaufs. Demgegenüber gehe von Zusammenkünften unter der Bedingung von 3G - auch nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts - ein höheres Risiko aus, da eine falsch-negativ getestete Person das Virus dort leichter verbreiten könnte.
Die Maßnahme sei auch angemessen, obwohl der Schwellenwert der Hospitalisierungsquote in Niedersachsen noch nicht überschritten sei. Sowohl die Inzidenz als auch die Belegung der Intensivbetten mit COVID-19 Fällen als die beiden weiteren Leitindikatoren lägen bereits über den Schwellenwerten und seien zuletzt deutlich gestiegen. Da 2G nur ab einer Größe von 25 Personen in geschlossenen Räumen vorgeschrieben sei, sei dies auch interessensgerecht. Nicht geimpften Personen stehe es frei, weiterhin in kleineren Runden zusammenzukommen. Mit steigender Größe von Zusammenkünften steige auch das Infektionsrisiko. Gleichzeitig obliege es der freien Entscheidung, ob man sich impfen lasse und damit Einschränkungen durch eine 2-G Regelung zu entgehen. Hierfür sei bereits seit den Sommermonaten genug Impfstoff verfügbar. Für Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen könnten, sehe die Allgemeinverfügung dagegen eine Ausnahme vor.
Informationen und eine Anwaltssuche: www.anwaltauskunft.de
Anwohner kann sich nicht gegen Riesenrad wehren
Köln/Berlin (DAV). Erlaubt die Stadt die Aufstellung eines Riesenrads, können sich Anwohner nicht unmittelbar dagegen wehren. Sie können sich nicht darauf berufen, dass es dort nicht genügend Parkplätze für die zusätzlichen Besucher gebe. Auch nicht im Hinblick auf mögliche Falschparker. Das Rechtsportal anwaltauskunft.de informiert über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom 11. August 2021 (AZ: 14 L 1214/21).
Das „Europa-Rad“ wurde auf einer Grünanlage vor dem Kölner Zoo aufgebaut. Im Jahr zuvor stand es auf dem Privatgelände vor dem Schokoladenmuseum in Köln. Dies war zuletzt wegen Bodenarbeiten nicht mehr möglich. Daher beantragte die Betreiberfirma, das Riesenrad am Zoo aufstellen zu dürfen. Die Genehmigung für den Betrieb des Riesenrades wurde erteilt und sogar verlängert. Schon zuvor äußerten Anwohner Bedenken wegen der Verkehrsauswirkungen in dem Wohngebiet. Die Stadt meinte, es gebe ausreichend Parkplätze für Besucher unterhalb der Zoobrücke, einem gegenüberliegenden Parkhaus und einer großen Straße. Außerdem sei die Anbindung an den ÖPNV gesichert.
Ein Anwohner wollte per Eilantrag den Betrieb aussetzen lassen. Er hielt den „Parksuchverkehr und Parkdruck“, auch durch Falschparker, vor allem an den Sonntagen in den Sommerferien für nicht mehr zumutbar.
Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag ab. Der Antragsteller könne sich als „Dritter“ nicht gegen die Erteilung der Genehmigung durch die Stadt wenden. Es sei nicht ersichtlich, dass seine Rechte verletzt wären. Die Rechtsgrundlage stelle allein darauf ab, ob die jeweilige Nutzung der Fläche, z.B. für Veranstaltungen wie den Riesenradbetrieb, mit öffentlichen Interessen vereinbar sei. Sie diene aber nicht dazu, die Nachbarschaft vor zusätzlichem Verkehr zu schützen. Auch könne nicht eingewandt werden, dass Besucher verkehrswidrig parkten oder ein Verkehrskonzept mit mehr Stellplätzen für den Bereich an Zoo und Flora seit Jahren fehle. Ein etwaiger Anspruch auf Einschreiten der Straßenverkehrsbehörden sei nicht Gegenstand des Verfahrens.
Informationen und eine Anwaltssuche: www.anwaltauskunft.de
Brautfrisuren sind Handwerk und keine Kunst
Koblenz/Berlin (DAV). Wer Brautfrisuren anbietet, übt ein Handwerk aus. Es handelt sich um ein gegenüber der Handwerkskammer zulassungspflichtiges Gewerbe. Fehlt es an einer Eintragung in die Handwerksrolle, kann die Fortsetzung des Betriebs untersagt werden. Das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“ informiert über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. Juli 2021 (AZ: 5 L 475/21.KO).
Die Antragstellerin bot Brautfrisuren, Hairstyling, Komplettstyling sowie das Frisieren der Brauteltern an. Sie war nicht in der Handwerksrolle eingetragen. Daher untersagte ihr die Behörde die Fortsetzung dieses Betriebes. Hiergegen wendete sich die Antragstellerin. Sie machte geltend, dass es sich um ein künstlerisches Wirken handele, das nicht im stehenden Gewerbe ausgeübt werde. Sie erbringe ihre Leistungen auf Abruf bei den Kunden zu Hause, im Hotel oder in sonstigen Locations.
Die Frau blieb ohne Erfolg. Das Gericht bestätigte die Untersagung der Tätigkeit. Die Fertigung von Braut- und Hochzeitsfrisuren sei keine künstlerische Tätigkeit, die sich durch ein eigenschöpferisches gestaltendes Schaffen auszeichne, sondern eine im Wesentlichen erlernbare Arbeit. So habe auch die Antragstellerin ihre Fertigkeiten in verschiedenen Kursen und Workshops erlernt. Zudem gehe es bei ihrer Arbeit um die Verwirklichung der Gestaltungswünsche ihrer Kundinnen und Kunden. Das Gericht befand auch, dass es ein sogenanntes stehendes Gewerbe sei. Denn von ihrer Kundschaft, die regelmäßig den Kontakt zu ihr suche, gehe die Initiative aus. Dabei komme es nicht darauf an, wo die Leistung erbracht werde. Das Gericht stufte daher dieses Gewerbe als Handwerk ein. Sie verrichte mit der Gestaltung von Frisuren bei Hochzeiten eine Tätigkeit, die zum Kernbereich des Friseurhandwerks gehöre. Daher unterliege ihre Tätigkeit der Eintragungspflicht in die Handwerksrolle.
Informationen und eine Anwaltssuche: www.anwaltauskunft.de
Masken- und Testverweigerer: kein Ausschluss vom Unterricht
Düsseldorf/Berlin (DAV). Eine Privatschule darf eine Schülerin, die Corona-Tests und Maske verweigert, nicht mit Verweis auf die Coronabetreuungsverordnung vom Unterricht ausschließen. Über eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. Mai 2021 (AZ: 29 L 1079/21) informiert die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Die Schülerin an einer Privatschule hatte sich geweigert, sich zweimal wöchentlich einem Corona-Test zu unterziehen und im Unterricht eine Maske zu tragen. Die Schule schloss sie daraufhin vom Präsenzunterricht aus und berief sich dabei auf die Coronabetreuungsverordnung.
Die Schule hatte hierzu jedoch keine Berechtigung, wie das Gericht in einem Eilverfahren entschied. Zwar seien die Verpflichtung zu Maske und Tests rechtlich nicht zu beanstanden. Trotzdem seien die Bescheide der Schulleiterin „offensichtlich rechtswidrig“. Die Coronabetreuungsverordnung stelle hierfür keine ausreichende Ermächtigung dar. Es fehlt also eine gesetzliche Grundlage, auf der eine Privatschule eine solche Entscheidung treffen darf.
Information: www.dav-familienrecht.de
„Viel Alkohol für wenig Geld“ kann untersagt werden
Koblenz/Berlin. Richtet sich der Verkauf alkoholischer Getränke zu reduzierten Preisen in Gaststätten vor allem an ein jugendliches Publikum, kann diese Aktion untersagt werden. Das Konzept „Viel Alkohol für wenig Geld“ stellt eine konkrete Gesundheitsgefahr für Jugendliche dar, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz am 17. Februar 2011 (AZ: 6 D 10231/11 OVG), wie die Deutsche Anwaltauskunft mitteilt.
Weiterlesen: „Viel Alkohol für wenig Geld“ kann untersagt werden
Verwertung eines abgeschleppten Autos nur nach eindeutiger Ankündigung zulässig
Aachen/Berlin. Behörden müssen ihre Bescheide eindeutig formulieren. Sie sind verpflichtet, konkret darzulegen, mit welchen Folgen ein Betroffener zu rechnen hat. So muss klar erkennbar sein, dass einem abgeschleppten Auto die Verwertung droht, wenn der Halter es nicht rechtzeitig abholt. Das hat das Verwaltungsgericht Aachen am 23. Mai 2008 (AZ: 6 L 194/08) entschieden.
Weiterlesen: Verwertung eines abgeschleppten Autos nur nach eindeutiger Ankündigung zulässig
Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs
Neustadt an der Weinstraße/Berlin. Auch eine Mutter, die ihre Kinder zweisprachig erziehen möchte, kann sich nicht gegen die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs wehren. Damit die beiden Kinder gut integriert in Deutschland aufwachsen können, ist die Mutter besonders integrationsbedürftig und muss daher an dem Deutschkurs teilnehmen, entschied das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße am 9. Dezember 2010 (AZ: 2 K 870/10.NW), wie die Deutsche Anwaltauskunft mitteilt.
Weiterlesen: Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs
Verbot einer "Nacktradel-Aktion"
Berlin. Eine "Nacktradel-Aktion" kann untersagt werden, entschied das Verwaltungsgericht Karlsruhe am 02. Juni 2005 (AZ - 6 K 1058/05 -). "Unbekleidet Fahrradfahren" auf öffentlichen Straßen und in öffentlichen Anlagen, in denen nicht mit nackten Menschen zu rechnen ist, sei eine Ordnungswidrigkeit.
Verbot der Synergetik-Therapie bestätigt
Lüneburg/Berlin. Die Therapieform der Synergetik stellt eine Heilbehandlung dar, die der Therapeut ohne eine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz nicht ausüben darf. Dies geht aus zwei Urteilen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) vom 18. Juni 2009 (AZ: 8 LC 6/07 und 8 LC 9/07) hervor.