Arbeitsrecht

Koch in evangelischer Kita tritt aus Kirche aus – keine Kündigung

Stuttgart/Berlin (DAV). Die Arbeit eines Kochs ist nicht mit dem Verkündigungsauftrag der Kirche verbunden. Eine evangelische Gemeinde darf ihrem Mitarbeiter in der Küche daher nicht kündigen, wenn er aus der Kirche austritt. Das berichtet die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mit Blick auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 10. Februar 2021 (AZ: 4 Sa 27/20).

 

Der Mann arbeitet als Koch bei einer evangelischen Gesamtkirchengemeinde, zuletzt in einer Kita. Die Gemeinde betreibt rund 50 Kindertageseinrichtungen. Als sie erfuhr, dass der Mitarbeiter aus der Kirche ausgetreten war, kündigte sie ihm fristlos.

Die Kündigungsschutzklage des Mannes hatte Erfolg. Die Tätigkeit eines Kochs in einer Kita sei nicht mit dem Verkündigungsauftrag der Kirche verbunden, erläuterte das Gericht. Er leiste keinerlei unmittelbaren Beitrag zum Erziehungsauftrag der religiösen Bildung für die betreuten Kinder. Die Kündigung sei daher nicht gerechtfertigt – sie stelle eine „unzulässige Benachteiligung“ dar.

Die Küchenmitarbeiter hätten zu den Kindern im Wesentlichen nur dann Kontakt, wenn sie Getränke ausgäben. Der Mitarbeiter nehme an Teamsitzungen mit dem pädagogischen Personal nur etwa alle zwei Wochen teil, wenn es um organisatorische Fragestellungen gehe. Weder im Hinblick auf die Tätigkeit des Klägers als Koch noch im Hinblick auf die Umstände der Tätigkeit stelle die Loyalitätserwartung des Arbeitgebers, nicht aus der Kirche auszutreten, eine wesentliche und berechtigte Anforderung dar.

Informationen: www.dav-arbeitsrecht.de

Eingesperrt auf dem stillen Örtchen

Siegburg/Berlin (DAV). Wer seinen Kollegen auf der Betriebstoilette einsperrt, riskiert seinen Job. Über eine entsprechende Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg vom 2. Februar 2021 (AZ: 5 Ca 1397/20) informiert die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

 

Der Lagerist geriet immer wieder mit einem Kollegen aneinander. Als dieser auf der Toilette war, schob der Lagerist unter der Toilettentür ein Blatt hindurch und stieß mit einem Gegenstand den Toilettenschlüssel aus dem Schloss. Der Schlüssel fiel auf das Blatt, das er dann wegzog. Der Kollege saß fest, bis er schließlich die Toilettentür auftrat. Der Arbeitgeber kündigte dem Lageristen fristlos. Dessen Kündigungsschutzklage blieb erfolglos.

Dass der Mitarbeiter einen Kollegen eingesperrt habe, sei ein wichtiger Grund für eine Kündigung. Er habe ihn hierdurch zumindest zeitweise seiner Freiheit beraubt. Ob es dabei um eine um eine Freiheitsberaubung im gesetzlichen Sinne (§ 239 StGB) handele, sei dabei nicht ausschlaggebend. In dem hier vorliegenden Zusammenhang sei die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses entscheidend.

Darüber hinaus trage der Kläger die Verantwortung für die Beschädigung der Toilettentür. Er habe den Schaden auch nicht freiwillig gemeldet und ersetzt.

Es sei zu berücksichtigen, dass er erst seit 2019 im Betrieb arbeite. Er sei noch jung, so dass man davon ausgehen könne, dass er zeitnah einen neuen Arbeitsplatz finde. Darüber hinaus sei es zwischen ihm und dem Kollegen immer wieder zu Streitigkeiten gekommen, weswegen die beiden wiederholt zu ihrem Vorgesetzten hätten kommen müssen.

Das Gericht sah auch keinen Grund, warum der Arbeitgeber den Mann zunächst hätte abmahnen müssen. Eine Abmahnung sei wegen der besonderen Schwere des Verstoßes nicht notwendig gewesen. Der Kläger hätte wissen müssen, dass der Arbeitgeber es nicht dulde, wenn er seinen Kollegen auf der Toilette so lange einschließe, bis dieser die Tür eintrete. Davon, dass ein Arbeitgeber „ein entsprechendes Verhalten duldet bzw. lediglich zum Anlass einer Abmahnung nehmen wird, ist nicht auszugehen“.

Informationen: www.dav-arbeitsrecht.de

Stellenanzeige: "junges, hoch motiviertes Team" ist Altersdiskriminierung

Nürnberg/Berlin (DAV). Wird in einer Stellenzeige das Arbeitsteam als "junges, hoch motiviertes Team" bezeichnet, so liegt eine Diskriminierung wegen Alters nach dem AGG vor. Ein älterer Bewerber kann eine Entschädigung von zwei Monatsgehältern verlangen. Dies folgt aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 27. Mai 2020 (AZ: 2 Sa 1/20), wie das Rechtsprotal „anwaltauskunft.de“ des Deutschen Anwaltvereins mitteilt.

Im März 2019 schaltete eine Firma des Nahrungsmittelgroßhandels eine Stellenanzeige. Unter der Überschrift "Wir bieten Ihnen" stand unter anderem: Man suche "zukunftsorientierte, kreative Mitarbeiter in einem jungen, hoch motivierten Team". Der 61-jährige Kläger bewarb sich mit einer 18-seitigen Bewerbung und legte seinen Werdegang dar und Zertifikate vor. Im Nachgang sah er sich durch die Formulierung "junges, hoch motiviertes Team" wegen seines Alters diskriminiert. Er klagte auf Zahlung einer Entschädigung, nachdem seine Bewerbung erfolglos blieb.

Für das Gericht lag eine Altersdiskriminierung vor. Der Mann habe einen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von zwei Monatsgehältern, insgesamt 6.710,98 Euro.

Die Stellenanzeige lasse vermuten, dass er wegen seines Alters nicht eingestellt wurde. Die Formulierung in der Stellenanzeige, wonach den Bewerbern ein "junges, hoch motiviertes Team" geboten wird, bewirke eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters (§ 3 Abs. 1 AGG).

Begriffe "jung" und "hochmotiviert" beschrieben Eigenschaften, die im Allgemeinen eher jüngeren als älteren Menschen zugeschrieben werden. Der Begriff "hochmotiviert" sei zudem vergleichbar mit dem Begriff "dynamisch", erklärten die Richter. Dadurch werde die Botschaft vermittelt, dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb hochmotiviert sind. Zudem könne die Formulierung nur so verstanden werden, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin sucht, der/die in das Team passt, weil er/sie ebenfalls jung und hochmotiviert ist wie die Mitglieder des vorhandenen Teams.

Daher bestehe ein Anspruch auf eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Da der Kläger jedoch nicht dargelegt habe, dass er ohne diese Benachteiligung die Stelle bekommen hätte, bekomme er nicht drei, sondern nur zwei Monatsgehälter als Entschädigung.

 

Informationen: anwaltauskunft.de

Keine betriebsbedingte Kündigung bei Dauereinsatz von Leiharbeitern

Köln/Berlin (DAV). Beschäftigt ein Arbeitgeber dauerhaft Leiharbeitnehmer, kann die betriebsbedingte Kündigung eines Stammarbeitnehmers unwirksam sein. Das berichtet die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mit Blick auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20. September 2020 (AZ: 5 Sa 295/20).

 

Der Mann arbeitete als Fertigungsmitarbeiter bei einem Automobilzulieferer. Das Unternehmen beschäftigte zu der Zeit 106 Arbeitnehmer und acht Leiharbeitnehmer. Im Juni 2019 kündigte es dem Mitarbeiter betriebsbedingt zum Jahresende. Weil der Auftraggeber das Volumen seiner Autoproduktion reduzierte, war ein Personalüberhang entstanden.

Der Mann klagte. Er war der Meinung, die Kündigung sei unwirksam. Sein Arbeitgeber könne ihn auf einem freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigen, auf dem er bisher Leiharbeitnehmer einsetze.Diese würden weder zur Vertretung noch als Personalreserve eingesetzt. Es handele sich um ständig eingerichtete Arbeitsplätze. Das Unternehmen argumentierte, die Leiharbeitnehmer seien zur Vertretung vorübergehend ausgefallener Mitarbeiter der Stammbelegschaft beschäftigt worden.

Das Gericht gab dem Arbeitnehmer recht. Die Kündigung sei nicht durch „dringende betriebliche Erfordernisse“ bedingt, denn zum Zeitpunkt der Kündigung habe es eine alternative Beschäftigungsmöglichkeit gegeben. Das Unternehmenbeschäftige nämlich Leiharbeitnehmer, um mit ihnen ein nicht schwankendes, ständig vorhandenes (Sockel-)Arbeitsvolumen abzudecken. Es setze die Leiharbeitnehmer fortlaufend mit nur wenigen Unterbrechungen – etwa zum Jahresende oder während der Werksferien – ein. Ein solches Sockelarbeitsvolumen müsse der Arbeitgeber aber vorrangig für Stammarbeitnehmer wie den Kläger nutzen.

Informationen: www.dav-arbeitsrecht.de

Probezeit: Keine fristlose Kündigung wegen unentschuldigten Fehltags

Kiel/Berlin (dpa/tmn). Fehlt ein Arbeitnehmer in der Probezeit einen Tag unentschuldigt, kann ihm nicht ohne vorherige Abmahnung fristlos gekündigt werden. Das entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein am 3. Juni 2020 (AZ: 1 Sa 72/20), wie die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.

Die Frau hatte am 1. August 2019 ihre Tätigkeit als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte aufgenommen. In ihrem Arbeitsvertrag stand unter anderem, dass innerhalb der Probezeit das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von einer Woche gekündigt werden könne. Wie mit dem Arbeitgeber verabredet arbeitete die Frau 05.und 06. Augustnicht, da ihr Sohn in der Kitaeingewöhnt wurde. Am 6. August wurde ihr zum 12. des Monats gekündigt. An den beiden darauffolgenden Tagen erschien die Angestellte nicht zur Arbeit. Am 9. August erreichte den Arbeitgeber dann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den 08. und 09. August. Am selben Tag erhielt die Frau eine fristlose Kündigung. Sie erhob Kündigungsschutzklage, wandte sich zuletzt allerdings nur noch gegen die fristlose Kündigung.

Mit Erfolg. Diese ist unwirksam, entschieden die Richter. Der Arbeitgeber hätte ein unentschuldigtes Fehlen vor Ausspruch einer Kündigung zunächst abmahnen müssen. Nicht bei der Arbeit zu erscheinen, kann grundsätzlich dann ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung sein, wenn das Fernbleiben „den Grad der beharrlichen Arbeitsverweigerung erreicht“. Fehle der Arbeitnehmer bloß an einem Tag, sei eine fristlose Kündigung ohne eine vorhergehende Abmahnung nicht zu rechtfertigen.

Das Arbeitsverhältnis ende aufgrund der ordentlichen Kündigung innerhalb der Probezeit mit einer Frist von zwei Wochen am 20. August. Der Arbeitgeber müsse die zweiwöchige gesetzliche Kündigungsfrist in der Probezeit einhalten. Die kürzere Frist im Arbeitsvertrag sei unwirksam.

Informationen: www.dav-arbeitsrecht.de

Betriebsrat darf elektronische Personalakte nicht einsehen

Düsseldorf/Berlin (DAV). Ohne Zustimmung des Arbeitnehmers darf der Betriebsrat nicht auf dessen elektronische Personalakte zugreifen. Das entschied das Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 23. Juni 2020 (AZ: 3 TaBV 65/19), wie die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.

In dem Unternehmen gab es einen Gesamtbetriebsrat sowie zwölf örtliche Betriebsräte. In der Gesamtbetriebsvereinbarung über Einführung und Nutzung von elektronischen Personalakten wurden dem Betriebsrat Zugriff auf die elektronischen Personalakten der Mitarbeiter eingeräumt:

„Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende und der örtliche Betriebsratsvorsitzende erhalten permanenten Zugriff auf die elektronische Personalakte mit Ausnahme der Akten der Leitenden Mitarbeiter und der Mitarbeiter des Personalbereichs. Die örtlichen Betriebsratsvorsitzenden erhalten Zugriff auf die Akten des Wahlbetriebs, für den sie zuständig sind. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende erhält Zugriff auf die Akten des gesamten Unternehmens.“

Als der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Einsicht verwehrte, wandte dieser sich an das Gericht.

Das Unternehmen erhielt in zwei Instanzen Recht. Das generelle Einsichtsrecht der Betriebsratsvorsitzenden verletze die Mitarbeiter in unangemessener Weise in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Um die Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung zu kontrollieren, sei ein derart weites Einsichtsrecht weder geeignet noch erforderlich. Dies gelte insbesondere auch, so die Richter, weil die Vereinbarung weitere besondere Kontrollrechte des Betriebsrats vorsehe.

Informationen: www.dav-arbeitsrecht.de

Tätigkeit eines Arztes in einem Netzwerk – selbstständig oder abhängig beschäftigt?

München/Berlin (DAV). Ob ein Arzt abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt von der konkreten Gestaltung seiner Tätigkeit ab. Auch eine Tätigkeit auf Honorarbasis kann sowohl eigenverantwortlich als auch abhängig beschäftigt erbracht werden.

Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Bayerischen
Landessozialgerichts vom 11. April 2019 (AZ: L 7 R 5050/17), wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

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Betriebsratsmitglieder für Schulungen freistellen

Aachen/Berlin (DAV). Betriebsratsmitglieder haben Anspruch auf Schulungen. Der Arbeitgeber muss sie dafür freistellen. Dies gilt auch für mehrtägige Fortbildungsmaßnahmen. Ein Betriebsratsmitglied muss sich nicht auf ein eintägiges Seminar beschränken. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Aachen vom 25. Februar 2017 (AZ: 8 BVGa 3/19). Das Mitglied des Betriebsrats hat auch einen eigenen Spielraum, welche Schulungsmaßnahme es auswählt, so die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

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Yoga-Kurs als Bildungsurlaub?

Berlin (DAV). Ein Bildungsurlaub muss entweder der politischen Bildung oder der beruflichen Weiterbildung dienen. Auch ein Yoga-Kurs kann unter bestimmten Voraussetzungen Grund für Bildungsurlaub sein. Das entschied das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 11. April 2019 (AZ: 10 Sa 2076/18), teilt die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mit.

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Restauratoren sind keine Handwerker – Tarifvertrag gilt nicht

Frankfurt/Berlin (DAV). Ein Restaurator mit akademischer Ausbildung übt mit seinem Betrieb kein Handwerk aus. Daher fällt er auch nicht unter die Tarifverträge für Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk. Voraussetzung ist, dass seine Arbeitsweise durch ein wissenschaftlich-kunsthistorisches Herangehen geprägt ist. Er muss auch keine Auskünfte über den Verdienst seiner Beschäftigten geben und keine Beiträge abführen. Die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts (LAG) vom 10. Mai 2019 (AZ: 10 Sa 275/18 SK).

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