Familienrecht

Gericht: Standardimpfungen entsprechen dem Kindeswohl

Berlin (DAV). Soll das Kind geimpft werden oder nicht? Diese Frage beschäftigt Eltern auch unabhängig von Pandemiezeiten und führt immer wieder zu Streit. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat nun entschieden: Sind sich die Eltern nicht einig, darf der Elternteil entscheiden, der sich an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) orientiert. Das Rechtsportal anwaltauskunft.de informiert über die Entscheidung.

 

In dem Fall ging es um ein 2018 geborenes Kind. Die Eltern hatten das gemeinsame Sorgerecht. Während die Mutter das Kind gemäß den Empfehlungen der STIKO impfen lassen wollte, war der Vater nicht einverstanden. Er wollte gerichtlich überprüfen lassen, ob das Kind überhaupt geimpft werden dürfe. Daraufhin beantragte die Mutter vor dem Amtsgericht, ihr die Entscheidungsbefugnisüber Standardimpfungen zu übertragen. Das Amtsgericht gab ihr Recht. Auch das OLG, das den Fall nach der Beschwerde des Vaters auf dem Tisch hatte, entschied zugunsten der Mutter (Beschluss vom 08.03.2021, AZ: 6 UF 3/21).

Können sich die Eltern in einer Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind nicht einigen, kann die Entscheidung einem Elternteil übertragen werden, so das Gericht. Ob ein Kind geimpft werden soll oder nicht, sei eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung. Entscheiden dürfe der Elternteil, „dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird“.

Man könne davon ausgehen, dass eine Orientierung an den Empfehlungen der STIKO das für das Kindeswohl bessere Konzept sei, begründete das OLG weiter. Es sei dann auch nicht nötig, die Impffähigkeit des Kindes gerichtlich klären zu lassen. Denn die STIKO empfiehlt selbst, ärztlich prüfen zu lassen, ob es eventuell Kontraindikationen gibt. Der Sorge des Vaters um die körperliche Unversehrtheit des Kindes im Hinblick beim Impfvorgang selbst trügen die Empfehlungen der STIKO ebenfalls Rechnung.

Informationen und eine Anwaltssuche: www.anwaltauskunft.de

Vater ist zu Umgang mit Kind verpflichtet

Frankfurt/Berlin (DAV). Eltern haben nicht nur ein Recht auf Umgang mit den eigenen Kindern, sie sind auch verfassungsrechtlich und gesetzlich dazu verpflichtet. Über eine entsprechende Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. vom 11. November 2020 (AZ: 3 UF 156/20) berichtet die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Die drei Jungen leben nach der Trennung der Eltern bei der Mutter. Sie vermissen ihren Vater sehr, zu dem sie nur gelegentlich Kontakt haben. Der Vater, Mitarbeiter einer führenden deutschen Bank, sagte, dass ihm weitere Kontakte aufgrund seiner immensen Arbeitsbelastung zurzeit nicht möglich seien. Teilweise arbeite er bis zu 120 Stunden die Woche. Außerdem sei er gerade wieder Vater geworden. Er schlafe lediglich drei bis vier Stunden in der Nacht und sei auch bereits in Therapie.

Da die drei Söhne sehr unter der Abwesenheit des Vaters litten, leitete die Mutter ein Umgangsverfahren ein. Sie wollte erreichen, dass ihre Kinder wieder regelmäßig Umgang mit dem Vater haben würden.

Schon das Amtsgericht verpflichtete den Vater zu regelmäßigem Umgang mit seinen Kindern, wogegen der Vater Beschwerde einlegte. Er wies darauf hin, sein Therapeut habe ihn gewarnt, dass er unter dem enormen Druck zusammenbrechen könne, wenn er seine psychischen und physischen Belastungen nicht minimiere. Hinter seinem Wunsch stünden daher sowohl zeitliche als auch gesundheitliche Überlegungen.

Das Oberlandesgericht nahm den Vater ebenso in die Pflicht wie das Amtsgericht. Pflege und Erziehung ihres Kinds seien für Eltern eine herausragende Pflicht, festgeschrieben im Grundgesetz. „Maßgebliche Richtschnur für ihr Handeln muss ... das Wohl des Kindes sein, denn das Elternrecht ist ein Recht im Interesse des Kinds“, betonten die Richter. Verweigere ein Elternteil den Umgang, sei dies sowohl entscheidender Entzug elterlicher Verantwortung als auch eine Vernachlässigung seiner Erziehungspflicht. Eher sollte den Vater die Situation zu „Umdisponierung seiner Prioritäten veranlassen“, als dass er seiner verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Umgangspflicht nicht nachkomme.

Information: www.dav-familienrecht.de

Mitarbeiter des Jugendamts müssen handeln

Hamm/Berlin (DAV). Weiß ein Jugendamtsmitarbeiter aufgrund von Untätigkeit nicht, dass ein von ihm betreutes Kind in Lebensgefahr ist, kann dies strafrechtliche Folgen haben. Darüber informiert die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mit Blick auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. Oktober 2020 (Az. III-5 RVs 83/20).

 

Die Mitarbeiterin des allgemeinen Sozialdienstes hatte die alleinerziehende Frau und ihre neun Kinder bereits seit über mehrere Jahre betreut, als die Mutter ihre neun Monate alte Tochter in einer Notfallpraxis vorstellte. Das Baby wog nur noch 4,6 Kilogramm. Es wurde sofort intensivmedizinisch behandelt und konnte gerettet werden. Am nächsten Tag war die Mutter dann auch mit dem 25 Monate alten Bruder des Mädchens im Krankenhaus. Er war dem Hungertod nah und ebenfalls lebensbedrohlich dehydriert. Der Junge starb am selben Tag.

Das Gericht verurteilte die Jugendamtsmitarbeiterin wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe von 3.500 Euro. Sie hatte dafür einzustehen, dass der Junge nicht stirbt. Diese gesetzliche Verpflichtung habe sie fahrlässig verletzt und keine Maßnahmen ergriffen, um den Hungertod des Jungen zu verhindern.

Die Unterernährung des Mädchens sei für die Jugendamtsmitarbeiterin nicht zu erkennen gewesen. Doch hätte sie erkennen können, wie es um den Jungen bestellt gewesen sei. Sein Zustand – die Unterversorgung und die daraus resultierenden Verhaltensauffälligkeiten –, sei schon Monate vor seinem Tod deutlich sichtbar gewesen.

Ein anderes Jugendamt habe die Kollegin außerdem entsprechend informiert. Doch sie habe über Monate keine Gefährdungseinschätzung vorgenommen. Das wäre ihr jedoch möglich und zumutbar gewesen zu handeln. Sie hätte sich einen persönlichen Eindruck verschaffen und unter Umständen das Familiengericht einschalten müssen.

Information: www.dav-familienrecht.de

BGB §§ 1361a, 1361b, 1375 Abs. 2 S. 2, 1379 Abs. 1 S. 1, 1567 Getrenntleben zweier Eheleute innerhalb der gemeinsamen ehelichen Wohnung

1. Ein Höchstmaß an räumlicher Trennung innerhalb einer gemeinsamen Wohnung kann auch dann noch angenommen werden, wenn die Eheleute nur vereinzelte gemeinsame Mahlzeiten mit den gemeinsamen Kindern einnehmen.
2.Durch die Trennung muss eine Zäsur in den individuellen ehelichen Lebensverhältnissen feststellbar sein, wonach die ehetypischen Gemeinsamkeiten aufgegeben sind und zwischen den Eheleuten, anders als vor der Trennung, nur noch ganz vereinzelte Gemeinsamkeiten zustande kommen, die nicht mehr über diejenigen einer bloßen Zweckgemeinschaft hinausgehen.

(Leitsätze der DNotI-Redaktion)

OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.8.2020 – 13 UF 122/17

Elternstreit: Entscheidung über Notbetreuung in der Schule „Angelegenheit von erheblicher Bedeutung“

Aachen/Berlin (DAV). Streiten sich die Eltern darüber, ob das Kind an der coronabedingten schulischen Notbetreuung teilnimmt, kann das Gericht die Entscheidung darüber auf einen Elternteil übertragen. Darüber informiert die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und verweist auf eine Entscheidung des Amtsgerichts Aachen am 15. Mai 2020 (AZ: 220 F 136/20).

 

Die Eltern leben getrennt und teilen sich das Sorgerecht. Die beiden Söhne leben bei der Mutter. Diese meldete sie zur schulischen Notbetreuung an, die eine erweiterte Präsenzbeschulung während der Pandemie ermöglicht. Der Vater war jedoch strikt dagegen.

Das Gericht übertrug der Mutter die alleinige Entscheidungskompetenz in der Frage. Normalerweise sei eine zusätzliche Betreuung eine Alltagsfrage, die der betreuende Elternteil alleine entscheiden kann. Angesichts der aufgrund von Corona veränderten Bedingungen in der Schule und der Ablehnung des Vaters habe die Frage allerdings ein deutlich höheres Gewicht bekommen und sei eine „Angelegenheit von erheblicher Bedeutung“. In einem solchen Fall kann das Gericht die Entscheidungsbefugnis einem Elternteil übertragen.

Die Übertragung der Entscheidung auf die Mutter solle „die schulische Förderung und Anleitung der Kinder in bestmöglicher Form“ sicherstellen. Die Notbetreuung sei der elterlichen Betreuung vorzuziehen. Die Kinder erhielten so trotz eingeschränkten Schulbetriebs Förderung und Beaufsichtigung. Darüber hinaus habe die Mutter eine Präsenzpflicht an ihrem Arbeitsplatz.

 

Nutzungsentschädigung für Familienauto nach Trennung

Frankfurt/Berlin (DAV). Fordert ein Partner nach der Trennung für sein Fahrzeug, das der Ex-Partner nutzt, eine Nutzungsentschädigung, kann er dies nicht direkt über ein gerichtliches Verfahren tun. Über eine entsprechende Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 6. Juli 2018 (AZ: 4 WF 73/18) berichtet die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

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Kindergeld: Ausbildungswilligkeit reicht

Düsseldorf/Berlin (DAV). Die Ausbildungswilligkeit eines Kinds kann auch mit schriftlicher Erklärung im Nachhinein nachgewiesen werden. Dann haben die Betroffenen auch Anspruch auf Kindergeld. Die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf vom 26. April 2019 (AZ: 7 K 1093/18 Kg).

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Familienkreis ist „beleidigungsfreie Sphäre“

Frankfurt/Berlin (DAV). Nach einem Ehestreit kommt es vor, dass sich Familienmitglieder austauschen und das Verhalten der Beteiligten bewerten. Ein Betroffener hat keine Möglichkeit, solche Äußerungen oder Beleidigungen zu verbieten.

Im engsten Familienkreis gibt es eine besondere Äußerungsfreiheit, stellte das Oberlandesgericht Frankfurt/Main am 17. Januar 2019 (AZ: 16 W 54/18) fest. Dies gilt auch gegenüber dem Gericht, den Jugendämtern oder der Polizei. Andernfalls könnte man seine Rechte nicht richtig wahrnehmen, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

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Nach Weihnachten und Neujahr: Mehr Trennungen

Berlin. Manchen ist die so genannte stille Jahreszeit oftmals zu still bzw. mit großen Belastungen für die Familie verbunden. Dies erklärt einen Anstieg um ein gutes Drittel der Trennungen.

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Finger weg vom Sparbuch der Kinder!

Coburg/Berlin. Bei Sparbüchern ist es meist entscheidend, wer das Geld anspart und einzahlt. Somit dürfen Eltern kein Geld ihrer Kinder abheben – wenn der Nachwuchs es beispielsweise zu Geburtstagen oder Weihnachten bekam. So hat das Landgericht Coburg mit Beschluss vom 31. Mai 2010 (AZ: 33 S 9/10) das Urteil eines Amtsgerichts bestätigt, in dem ein Vater verpflichtet wurde, seiner Tochter Geld zurückzuzahlen, das er von ihrem Sparbuch abgehoben hatte.

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