Juni 2013 - Kein Mietvertrag für Gewerkschaftsmitglied – kein Schadensersatz

München/Berlin. Gibt der Vermieter eine Wohnung möglicherweise wegen der Gewerkschaftszugehörigkeit des Mietinteressenten nicht an diesen, liegt damit kein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor.

Der Wohnungsinteressent hat keinen Anspruch auf Schadensersatz. Die Deutsche Anwaltauskunft informiert über eine Entscheidung des Amtsgerichts München vom 18. Oktober 2012 (AZ: 423 C 14869/12).

Ein Ehepaar suchte eine Wohnung und wurde fündig. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen erhielten sie einen nicht unterzeichneten Mietvertragsentwurf. Darüber hinaus wurden sie aufgefordert, eine Schufa-Auskunft sowie Gehaltsnachweise einzureichen. Kurze Zeit darauf teilte der Vermieter ihnen mit, dass sie die Wohnung nicht erhalten würden. Daraufhin machte das Ehepaar Schadenersatzansprüche geltend.

Schließlich hat die Vermieterin den Eindruck erweckt, dass der Abschluss des Mietvertrags nur noch eine Formsache ist. Außerdem haben sie die Wohnung wahrscheinlich deshalb nicht erhalten, weil die Ehefrau in der Gewerkschaft ist. Die Vermieterin hat gegen diese Gewerkschaft einen Prozess vor dem Arbeitsgericht geführt. Deshalb ist die Absage eine Sanktionsmaßnahme der Vermieterin, die gegen das AGG verstößt. Niemand darf wegen seiner Weltanschauung benachteiligt werden. Die Vermieterin weigerte sich zu zahlen.

Nach Auffassung des Amtsgerichts steht dem Ehepaar kein Schadensersatz zu. Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch bei Abbruch der Vertragsverhandlungen ist, dass die eine Partei durch die Art der Verhandlungsführung Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrags erweckt hat. Das ist gegeben, wenn derjenige, der die Verhandlungen abbricht, den Vertragsschluss als sicher hingestellt hat.

Dies ist hier aber nicht der Fall. Die Anforderung von Schufa-Auskünften sowie Gehaltsnachweisen legt nicht nahe, dass ein Vertrag sicher geschlossen wird. Vielmehr handelt es sich hier um die üblichen geforderten Auskünfte, wenn man eine Wohnung anmieten will. Ebenso verhält es sich mit der Übersendung eines Mietvertragsentwurfes. Auch hier wird der Vertragsschluss nicht sicher in Aussicht gestellt, sondern die potentiellen Mieter über die Mietvertragskonditionen informiert.

Es besteht auch keine Schadensersatzverpflichtung aufgrund eines Verstoßes gegen das AGG. Unklar ist schon, ob tatsächlich wegen der Gewerkschaftszugehörigkeit der Ehefrau der Vertrag nicht zustande gekommen ist. Einen entsprechenden Beweis hat sie nicht vorgelegt.

Darüber hinaus kann das Gericht in der Tatsache, dass die Ehefrau Mitglied in einer Gewerkschaft ist, keine Weltanschauung sehen. Eine derartige Zugehörigkeit betrifft nur einen Teilaspekt des Lebens, nämlich die berufliche Ebene. Eine Weltanschauung umfasse das ganze Leben in all seinen Aspekten.