Juli 2012 - Lehrer schlägt Schülerin – keine Kündigung

Halle (Saale)/Berlin. Die Einzelfallabwägung in einem konkreten Fall kann ergeben, dass ein Lehrer, der eine Schülerin geschlagen hat, nicht gekündigt wird. Das berichtet die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) und verweist auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Halle vom 22. September 2011 (AZ: 4 Sa 404/10).

Der Lehrer hatte eine Schülerin geschlagen. Er verteidigte sich damit, dass die Schülerin ihn zunächst beschimpft und dann auf seine erkrankte Schulter geschlagen hat. Seine Handlung ist ein Abwehrreflex gewesen. Der Arbeitgeber, das zuständige Bundesland, kündigte ihm trotzdem fristlos mit dem Hinweis, dass sein Beruf als Pädagoge eine Lösung von Disziplinproblemen durch Handgreiflichkeiten ausschließt.

Der Lehrer klagte und bekam in erster und zweiter Instanz Recht. Die Kündigung ist unwirksam. Die Entscheidung beruht auf Einzelfallerwägungen, betonten die Richter des LAG Halle. Vor allem aus der umfangreichen Beweisaufnahme – das Gericht hatte elf Lehrer und Schüler als Zeugen vernommen – hat sich ergeben, dass eine besondere Situation vorgelegen hat. Es hat einen Zusammenhang gegeben zwischen dem eskalierenden Verhalten der Schülerin und der Reaktion des Lehrers. Der Personalrat hat bereits in seiner Stellungnahme zur fristlosen Kündigung auf die besondere Situation der Auseinandersetzung hingewiesen. Zudem kann letztlich nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei der Handlung des Lehrers tatsächlich um einen Reflex gehandelt hat.