Unübersichtliche Engstelle auf der Fahrbahn: Erhöhte Sorgfaltspflicht für Wartepflichtigen und bevorrechtigten Fahrer

Berlin. An einer unübersichtlichen Engstelle auf einer Straße hat der Fahrer, auf dessen Fahrbahn sich das Hindernis befand, besondere Sorgfaltspflichten. Allerdings ist auch der bevorrechtigte Fahrer auf der anderen Fahrbahn zu besonderer Sorgfalt und Rücksichtnahme verpflichtet. Dies ergeht aus einem Urteil des Kammergerichts Berlin vom 02. Juli 2007 (AZ. 22 U 198/06).


Auf einer vereisten Straße war eine Fahrbahn wegen dort parkender Autos nur teilweise zu befahren. Daher fuhr der beklagte Fahrer in einer leichten Rechtskurve auf der Gegenspur. Einem ihm entgegenkommenden Auto wich er nach rechts in eine Lücke vor einer Grundstückseinfahrt aus. Als die beiden Fahrzeuge aneinander vorbeifuhren, streifte der wagen des Klägers den des Beklagten.

Das Landgericht Berlin ging von einer Verteilung der Haftung für den Unfall von 50 Prozent für jeden der beiden Fahrer aus. Das Kammergericht Berlin folgte dem nicht und entschied, dass der Kläger, der auf der hindernisfreien Fahrbahn gefahren war, nur 25 Prozent des Schadens tragen muss. Der beklagte Fahrer hätte angesichts der unübersichtlichen Situation so langsam fahren müssen, dass er jederzeit rechtzeitig hätte bremsen können. Zwar habe in erster Linie der wartepflichtige Fahrer eine besondere Sorgfaltspflicht, aber auch der Bevorrechtigte. Angesichts der Verkehrssituation – Hindernisse, eine Kurve und vereiste Fahrbahn – habe er mit Gegenverkehr auf seiner Fahrbahn zu rechnen gehabt. Auch für ihn gelte, dass eine weitere Drosslung der Geschwindigkeit erforderlich gewesen wäre.